Aids und Stigmatisierung, Ausgrenzung und Sexualität in der Kirche
DURBAN, SÜDAFRIKA/GENF, 20. Juli 2016 (LWI) – Führungskräfte von religiösen Organisationen sollten in Wort und Tat gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV und Aids eintreten, fordert ein lutherischer Geistlicher, der selbst infiziert ist.
Pfarrer Sibusiso Courtene Mosia aus Südafrika geht offen mit seinem Infektionsstatus um. Einfach war es jedoch nicht für ihn als er dies in Jahre 2010 öffentlich machte: „Ich wurde ausgegrenzt und erhielt ein Jahr lang kein Gehalt.“ Er glaube, dass eine größere Offenheit über HIV-Infektion und die damit verbundenen Herausforderungen den Menschen sogar etwas von ihrer Selbststigmatisierung nehmen könne.
Allerdings sehe Mosia nicht, dass die 90-90-90-Ziele realistisch sind, wenn Kirchenleitungen ihre diskriminierende Haltung beibehalten. Diese Ziele sehen vor, dass bis zum Jahr 2020 alle HIV-Infizierten ihren Status kennen; dass alle, die HIV-positiv diagnostiziert wurden, eine dauerhafte antiretrovirale Therapie erhalten; und dass alle, die eine antiretrovirale Therapie erhalten, den ihre Infektion hemmen können.
Im Vorfeld der Internationalen Aids-Konferenz in Durban, Südafrika, trafen sich religiöse Organisationen bei der interreligiösen „Faith on the Fast Track“-Vorkonferenz. Religiöse – oder so genannte „faith-based“ – Organisationen spielen eine wichtige Rolle, um Aids bis zum Jahre 2030 zu besiegen. Laut UN-Informationen kann dieses Ziel erreicht werden, wenn ein anspruchsvolles Programm umgesetzt wird. Religiöse Organisationen sehen ihre erste Herausforderung darin, das Schweigen rund um das Thema zu brechen.
Herausforderungen für kirchliche Organisationen
Teilnehmende an der „Faith on the Fast Track“-Vorkonferenz waren sich einig, dass dieses Brechen des Schweigens bedeutet, dass Stigmatisierung, Diskriminierung und Ungleichheiten in Kirchen und Gesellschaften angesprochen werden müssen. Außerdem müsse offen über Sexualität gesprochen werden – ein Thema, das in vielen religiösen Organisationen nach wie vor tabuisiert wird.
„Kirchen sollten damit aufhören, Aids als etwas anzusehen, das sie nicht betrifft“, resümierte Pfarrer Amin Sandewa von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania. „Ich bin seit 25 Jahren Pfarrer – 22 davon HIV-positiv.“ Er habe seinen Status in einem Umfeld offenbart, das HIV als Strafe Gottes einstufte. Als Pfarrer wurde von ihm ein vorbildliches Leben erwartet, das mit einem positiven HIV-Status als unvereinbar galt.
„Als meine Frau und meine Kinder starben, hatte ich keine Wahl als der Kirche meinen Status zu offenbaren“, berichtet er. „Und sie wollten mich verstecken.“ Vier Jahre bekam er weder Pfarrstelle noch Gehalt. Dann nahm er eine Arbeit bei einer Organisation an, die Informationen zu HIV und Aids bereit stellte.
„Public-Private Partnerships“ zur Gesundheitsvorsorge
Gabrielle Horton, die sich für die farbigen Gemeinschaften in Los Angeles engagiert, brachte ein, dass so genannte „Public-Private Partnerships“ zur Gesundheitsvorsorge ein guter Weg seien: „Hierdurch können die Dringlichkeit der HIV- und Aids-Aufklärung und die schnelle Anwendung von Therapien mit den benötigten Ressourcen verknüpft werden.“
Die Kraft religiöser Organisationen für das Allgemeinwohl müsse genutzt werden, so Horton. „Wenn man durch gewachsene Beziehungen an die Spiritualität einer Gemeinschaft anknüpft, knüpft man an ihr Seelenleben an und bricht damit das Schweigen rund um die Themen, mit denen sie zu kämpfen hat.“
Auch leitende Geistliche, die bevollmächtigt und bereit wären, soziale und Gesundheitsfragen anzugehen, könnten das Schweigen über Aids brechen.
Außerdem würden Partnerschaften zwischen gleichgesinnten Menschen und Organisationen benötigt, um Aktionsnetzwerke zu schaffen, schlug Horton vor.
(Bearbeiteter Bericht des Weltrates der Kirchen)
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