„Gemeinsam retten wir Leben“
Chacón berichtete über die Arbeit des LWB mit fünf Frauenorganisationen im Departement Chocó an der kolumbianischen Pazifikküste. Diese lokalen Gruppen hätten auf einige der am meisten gefährdeten afro-karibischen und indigenen Frauen aufmerksam gemacht. Ihnen wurden Mobiltelefone mit Daten-Tarifen ausgehändigt, die das Risiko von Frauenmorden und Gewalt verringern sollen. Die Initiative mit dem Titel „Gemeinsam retten wir Leben“ stellt lokalen Gruppen ebenfalls Computer und Schulungen zur Verfügung, damit sie Missbrauchsfälle dokumentieren und anzeigen können, sowie Ressourcen, damit Überlebende einen sicheren Raum für sich finden.
Deepti Bharthur, die bei IT for India als leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig ist, wies nachdrücklich darauf hin, wie wichtig „ein funktionierender Zugang zu einem Mobiltelefon“ sei, damit Frauen und Mädchen immer Werkzeuge und das Wissen haben, um sicher im Internet zu navigieren. Im ländlich geprägten Südostindien arbeitet ihre Organisation mit jungen Mädchen zusammen, denen Wissen vermittelt wird und die Führungsqualitäten entwickeln, damit sie traditionelle Geschlechternormen in Frage stellen können.
Bharthur berichtete über das Beispiel mehrerer Mädchen, die in ihrem Dorf Fotos von defekten Straßenbeleuchtungen gemacht haben und mit diesen Bildern von der Kommunalbehörde einen besseren Schutz verlangten. In städtischen Gebieten arbeitet IT for Change in Schulen und zeigt Mädchen Wege auf, wie sie einen traditionell sexistischen oder diskriminierenden Sprachgebrauch dekonstruieren können. Die Mädchen produzieren außerdem ihre eigenen Radioprogramme und stellen damit sichere Räume zur Verfügung, in denen sie über ihre Probleme berichten, Lösungen vorstellen und etwas über Anlaufstellen für die Überlebenden von Vergewaltigung und Gewalt erfahren.
Bekämpfung einer patriarchalen Kultur in den Kirchen und in der Gesellschaft.
Busani Lunga, ein junger Aktivist für Gendergerechtigkeit auf dem Forum der ACT Alliance in Simbabwe, sprach über die verfestigte patriarchale Kultur in seinem Land. Simbabwe, so erzählte er, sei ein vorwiegend christliches Land. Deshalb sei es wichtig, geschlechtsspezifische Gewalt nicht nur in den Kirchen, sondern auch in der Gesellschaft insgesamt anzusprechen. Eine hohe Arbeitslosigkeit und die gängige Praxis der „Kinderehen“, besonders in ländlichen Regionen, stellen diejenigen, die Frauen und Mädchen mehr Autarkie und Handlungsmacht vermitteln wollen, vor zusätzliche, sich überlagernde Herausforderungen.
Maryam Torosyan, die eine App für Mobiltelefone mit der Bezeichnung „Safe You Armenia“ entwickelt hat, berichtete darüber, wie diese Anwendung für Nutzerinnen und Nutzer in den Nachbarländern Georgien und Irak entwickelt wurde. Die App steht in neun Sprachen zur Verfügung und richtet sich in erster Linie an Minderheiten in diesen Ländern. Sie kann ebenfalls auf Menschen angepasst werden, deren Sprach- und Sehvermögen beeinträchtigt ist.
Die Plattform bietet Zugang zur Notfallhilfe für Frauen, die schnell zum Opfer von Gewalt werden können, und erfordert die Eingabe eines Sicherheitscodes mit zweistufiger Authentifizierung, so dass fremde Personen die App nicht einfach öffnen können. Die Plattform bietet ebenfalls einen sicheren Raum für Peer-Diskussionen sowie den Zugang zu Kontaktpersonen für Notfälle und gegebenenfalls auch zur Polizei.
An der Diskussion beteiligten sich Liberias Ministerin für Gender, Kinder und Sozialschutz, Williametta Saydee-Tarr, die weitere Regierungen und Partner dazu ermutigte, in Bildung und Selbstbestimmung von Frauen zu investieren. Sie wies darauf hin, dass ihre Regierung eine Helpline eingerichtet hat, die 24 Stunden am Tag Anrufe entgegennimmt und Unterstützung für die Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt und in sonstigen Notsituationen bietet. Sie erinnerte ebenfalls daran, dass nur 47 Prozent der Frauen in ihrem Land ein Mobiltelefon besitzen.
Ib Petersen, stellvertretender Exekutivdirektor des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, berichtete über die Arbeit seiner Agentur für Frauen in abgelegenen Gebieten in Brasilien, Myanmar und den Philippinen während der COVID-19-Pandemie, die zu einem Anstieg der Gewalt an Frauen besonders in Minderheitsgemeinschaften geführt hat. Er rief die Regierungen und die Technologieunternehmen auf, „gesetzliche und politische Rahmen aufzustellen, damit Mädchen und Frauen Zugriff auf digitale Dienste und Informationen haben, ohne um ihre Gesundheit fürchten zu müssen.“
Katri Jalonen, Gaming-Spezialistin bei der finnischen Jugendbewegung Generation Equality und Mitglied der finnischen CSW-Delegation, berichtete darüber, dass die meisten jungen Frauen bereits Belästigungen im Internet erlebt haben und sich oft selbst verbieten, darüber zu reden, „wie Frauen und Mädchen es im Laufe der Geschichte immer getan haben.“ Cyber-Sicherheit „kann nicht einfach nur in der Verantwortung einzelner Personen liegen“, erklärte sie, und forderte Regierungen, Gesetzgeber und Technologieunternehmen auf, geschlechtsspezifische Unterschiede beim Zugang zur digitalen Welt zu beseitigen und alle Formen von Cyber-Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen.