Hochrangige lutherische Vertreter nehmen an Antrittsgottesdienst des ersten lateinamerikanischen Papstes teil
Führende Vertreter des Lutherischen Weltbundes (LWB), die gestern dem Gottesdienst zur Amtseinführung von Papst Franziskus auf dem Petersplatz im Vatikan beiwohnten, sehen in der Sorge des ersten lateinamerikanischen Papstes um die Armen ein wichtiges gemeinsames Anliegen mit den lutherischen Kirchen.
„Niemand soll verloren gehen – das ist die Kernaussage des Evangeliums Jesu Christi“, betonte LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan. „Der liebende Dienst an den Armen über die Konfessionsgrenzen hinweg ist eine überzeugende Möglichkeit, diese Botschaft zu vermitteln.“
Im Blick auf den jahrzehntelangen katholisch-lutherischen Dialog stellte Younan fest, in einer von Fragmentierung und gestörter Kommunikation geprägten Welt stünden der Vatikan und der LWB nicht nur im Gespräch, aufgrund der gemeinsamen Glaubensüberzeugungen arbeite man sogar zusammen.
„Das sind wir den Menschen weltweit schuldig, die sich nach Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung sehnen“, so der LWB-Präsident.
LWB-Generalsekretär Pfr. Martin Junge, ein chilenischer Theologe, äusserte sich hocherfreut darüber, dass nun ein Lateinamerikaner der römisch-katholischen Kirche vorstehe: „Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass ich in meiner eigenen Muttersprache – Spanisch – mit einem Papst sprechen würde.“
Er berichtete, der Papst sei den lutherischen Kirchen in Argentinien bekannt und Franziskus kenne seinerseits diese Kirchen. „Das ist ein vielversprechender Ausgangspunkt für die weitere Vertiefung der Beziehungen auf der Weltebene“, befand Junge.
„Wir müssen auf dem Weg des Dialogs und des Dienens in dieser Welt fortschreiten und gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, der Menschheitsfamilie und der leidenden Schöpfung die Botschaft Gottes von Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung weiterzugeben.“
Der Präsident und der Generalsekretär des LWB nahmen gemeinsam mit hunderttausenden Menschen, die sich vor dem Petersplatz versammelt hatten, an der Amtseinführung des 266. Papstes teil. Vor diesem Hintergrund betonten lutherische Kirchenleitende in Argentinien, wie froh und erwartungsvoll die lateinamerikanischen Gläubigen dieses Ereignis feierten.
„Ein unübersehbarer Aspekt der Wahl Franziskus‘ ist die Freude und die Hoffnung, die sie bei vielen einfachen, armen Menschen geweckt hat, die wir in den lutherischen Kirchen der Region berufen sind, zu begleiten“, erklärte Pfr. Gustavo Gómez, Präsident der argentinischen Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (IELU).
„Daraus erwächst auch bei uns eine Welle der Sympathie sowie des Gebets und des aufrichtigen und tiefempfundenen Wunsches, dass der erste lateinamerikanische Papst zur Umkehr rufen und dafür sorgen möge, dass die Stimmen der vielen Ausgegrenzten Gehör finden“, so Gómez weiter.
Der Präsident der IELU betonte, diejenigen, die dem früheren Kardinal Jorge Bergoglio begegnet seien, berichteten von seiner Wärme und seiner Hinwendung zur jeweiligen Person. Ökumenisch Engagierte in Argentinien verweisen auf die eingehende Kenntnis, die der neue Papst von unterschiedlichen religiösen Positionen habe, und seine grosse Achtung vor ihnen. Ähnlich äusserte sich Pfarrerin Sonia Skupch, Generalsekretärin der Evangelischen Kirche am La Plata (IERP): „Menschen aus der IERP, die mit ihm zu tun hatten, haben mir von seiner grossen Bereitschaft zum Dialog, seiner Zugänglichkeit und seiner breiten Kenntnis der protestantischen Welt, unserer Ideen und Überzeugungen berichtet.“
Ihr Fazit: „Wir freuen uns, dass ein lateinamerikanischer Kardinal zum Papst gewählt wurde. Er wird zweifellos eine andere Perspektive und Vision sowie einen anderen Führungsstil einbringen können.“
Papst Franziskus (76) wurde am 13. März gewählt und tritt die Nachfolge des 85-jährigen gebürtigen Deutschen Benedikt XVI. an, der von 2005 bis zu seinem Rücktritt Ende Februar der römisch-katholischen Kirche vorstand.