Afrika: Die „missbräuchliche Art“ irreführender Theologien angehen

6. Jul. 2022

Theologische Erziehung und Bildung sind der Schlüssel zur Veränderung 

Rev. Dr Fidon Mwombeki, General Secretary of the All Africa Conference of Churches, delivering his keynote address at the ALCLC. 

Fidon Mwombeki, Generalsekretär der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz, bei seiner Grundsatzrede auf der ALCLC.  Foto: LWB/ALCINET Erick Adolph

(LWI) – Die lutherischen Kirchen in Afrika unterstrichen die Notwendigkeit, die „um sich greifende und missbräuchliche Art von falschen Lehren und irreführenden Theologien“ anzugehen. Der Schwerpunkt, sagten sie, müsse auf eine vernünftige theologische Erziehung und Bildung gelegt werden, die im Leben der Menschen und in der Gesellschaft eine Veränderung bewirken.

Das nannten die Oberhäupter der afrikanischen Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbunds (LWB) als eine ihrer dringlichsten Angelegenheiten. Auf der alle zwei Jahre abgehaltenen Konsultation lutherischer Kirchenleitender in Afrika (ALCLC), die dieses Jahr vom 27. Juni bis 1. Juli in Addis Abeba stattfand, ging es in einem Grundsatzreferat um irreführende Theologien.

In seinem Referat bezog sich Fidon Mwombeki, der Generalsekretär der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) auf eine Umfrage des kontinentalen Gremiums, in der drei Arten von irreführenden Theologien ausgemacht wurden—eine häretische, eine mystizistische und eine synkretistische. Diese würden selbst in gut etablierten Kirchen zunehmend zur Hauptausrichtung werden. Danach sprach er über die vier Motive, die diese Theologien abbildeten: Reichtum und Armut, Gesundheit und Heilung, Macht und Autorität sowie die Rolle der Regierung bei der Regulierung religiöser Angelegenheiten.

Mwombeki wies darauf hin, dass irreführende Lehren zwar nicht neu und alle Kirchen und Weltreligionen davon betroffen seien, sie allerdings verheerende Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben. Grund dafür sei, dass sie falsche Hoffnungen und die Verheißung auf Reichtum und Gesundheit böten, den Verstand der Menschen unterjochten und die Rolle der Wissenschaft und die Bereitschaft zur Vernunft ignorierten. Alles Dinge, die viele Menschen in die Armut und sogar in den Tod treibe und sie zum Aberglauben zurückführte.

Richtige Lehre und Doktrin 

Zu den Folgen dieser Theologien für die Großkirchen gehöre eine fehlende Konzentration auf die richtige Lehre und Doktrin. „Alle versuchen, noch charismatischer zu sein und die Menschen zu inspirieren, doch es wird weniger handfestes Wissen über das, was wir glauben und warum wir glauben, vermittelt.“ Zudem sprach der AACC-Generalsekretär von sich ändernden kirchlichen Strukturen, zu denen auch das nicht konstitutionelle geistliche Wirken, zum Beispiel in der Funktion „eines Propheten“, gehöre. Auch gebe es eine Veränderung bei der Gestaltung des Gottesdienstes, und man müsse sich „fragen, ob das der Tod der Liturgie ist oder die Entstehung von neuen Liturgien darstellt.“

Doch was noch viel verhängnisvoller sei, fuhr Mwombeki fort, sei die veränderte Darstellung des Pfarrers oder Bischofs. „Wenn zu Ihnen jemand sagt: ,Ich bin Bischof‘, wissen Sie dann, was das bedeutet?“ Viele bezeichnen sich selbst als Pfarrer oder Pfarrerin und erheben Anspruch auf dieselbe Autorität und Legitimität wie jemand, der oder die zum Kleriker bzw. zur Klerikerin geschult und ausgebildet wurde. „Gibt es einen Unterschied zwischen einem Pfarrer [einer Pfarrerin] und einem herkömmlichen Arzt [einer Ärztin], wenn die Person sagt, sie könnte COVID-19 heilen? Oder zwischen einem Betrüger [einer Betrügerin] und einem Pfarrer [einer Pfarrerin], die mit der Verheißung auf Glück Geld verlangen, und dann geschieht nichts?“ fragte Mwombeki.

Am Beispiel der Bergpredigt gab er eine vereinfachte Auslegung der Lehren Jesu zum Besten und riet den Kirchen, auf Anzeichen für eine falsche Wohlstandstheologie zu achten. Zu diesen gehöre das Fehlen einer Normalität in der Doktrin bei der Erklärung von Leiden und Schmerzen, der Selbsterhebung und Unbegreiflichkeit Gottes, ein Mangel an ernsthafter Auseinandersetzung mit komplexen biblischen Interpretationen und eine ausschweifende Lebensweise und kostspielige Forderungen seitens eines Predigers oder einer Predigerin.

Die Lehren Christi hätten sich nicht geändert, sagte Mwombeki. Deshalb müsse die Pflicht der Kirche im Vergleich zu irreführenden Theologien auf dem Evangelium Jesu Christi basieren.

Bibelstudium fördern

In Gruppengesprächen sagten die ALCLC-Teilnehmenden, die Ausbreitung von irreführenden Theologien sei auf das Scheitern bzw. das Unvermögen der Kirchen zurückzuführen, die Menschen mit einer prophetischen Botschaft zu erreichen, die sie mit der Auslegung der biblischen Botschaft aus Sicht ihrer Alltagsgegebenheiten abhole. „Unsere Leute übernehmen das, was die Pastor:innen und Kirchenführer:innen sagen. Sie müssen davon freigemacht werden und Verständnisfragen stellen dürfen“, bemerkte eine teilnehmende Person.

ALCLC participants in a group discussion on the keynote address.

ALCLC Teilnehmende während einer Gruppendiskussion. Foto: LWB/ALCINET Erick Adolph

Es gab auch Kritik an den lutherischen Kirchen hinsichtlich ihrer Fürsorge gegenüber ihren Pfarrerinnen und Pfarrern. Schlechte Vergütung und Seelsorge wurden als Hauptanliegen genannt. Unter Berufung auf den Apostel Paulus, einen Zeltmacher, sagte ein jugendlicher Teilnehmer: „Er musste zwar arbeiten, aber Paulus brauchte keine Schulgebühren zahlen oder Unterhaltskosten oder Telefonrechnungen.“

Die Teilnehmenden betonten, dass sich die irreführenden Theologien so lange weiter ausbreiten werden, bis die Kirchen „unsere Leute ausbilden“, das Studium der Bibel fördern und „die Wahrheit verkünden“.

LWF President and Lutheran Church of Christ in Nigeria Archbishop Dr Panti Filibus Musa, addressing participants at the ALCLC in Addis Ababa, Ethiopia.

LWB-Präsident Panti Filibus Musa, der Erzbischof der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria (LCCN) in seiner Reade an die ALCLC Teilnehmenden in addis Abeba, Äthiopien. Foto: LWB/ALCINET Erick Adolph

In seinen Grußworten an die Teilnehmenden der Konsultation erinnerte LWB-Präsident Panti Filibus Musa, der Erzbischof der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria (LCCN), die Kirchenführungspersonen daran, dass „wir in dieser sich ändernden Umgebung nicht mehr Kirche sein können, wenn wir noch immer im 19. oder 20. Jahrhundert stecken.“ Er betonte, es sei notwendig, dass die theologische Ausbildung und Erziehung und die seelsorgerische Tätigkeit „im Einklang mit den tatsächlich bestehenden Gegebenheiten der Menschen“ erfolgten und dass gleichzeitig das Verständnis für die lutherische Identität der Gemeinschaft kontinuierlich vertieft werde.

„Wir müssen unentwegt darüber nachdenken, wie wir das befreiende Evangelium den Menschen unter den Verhältnissen verkünden, in denen sie sich befinden“, ergänzte Musa.

The Africa Lutheran Church Leadership Consultation (ALCLC) brings together delegates representing all leadership levels of LWF’s member churches in Africa. The objective of the bi-annual meeting is to support churches in deepening relationships, building a shared theological understanding and reflecting together on being a resilient church in times of challenges. The 27 June -1 July ALCLC was jointly hosted by the Evangelical Lutheran Church in Cameroon and the Ethiopian Evangelical Church Mekane Yesus, in Addis Ababa, Ethiopia.

By LWF/P. Mumia