Afrika: In der Diakonie Tätige fordern stärkeres Engagement gegen Armut

1. Mai 2013
Der ghanaische Bischof Dr. Paul Kofi Fynn moderiert eine Sitzung der LWB-Konsultation zum Thema „Armut und wirtschaftliche Ungerechtigkeit in Afrika bekämpfen“, die in Nairobi (Kenia) stattfand. © LWB/Fredrick Nzwili

Der ghanaische Bischof Dr. Paul Kofi Fynn moderiert eine Sitzung der LWB-Konsultation zum Thema „Armut und wirtschaftliche Ungerechtigkeit in Afrika bekämpfen“, die in Nairobi (Kenia) stattfand. © LWB/Fredrick Nzwili

LWB-Arbeitsgruppe zum Thema Armut entwirft Aktionsplan

Im Rahmen einer Konsultation des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Nairobi (Kenia) wurde berichtet, wie die Unterstützung der Kirchen und das gemeinsame Handeln lokaler Organisationen kleinbäuerlichen Familien in vielen Teilen Afrikas dabei helfen, ihre Armut zu bekämpfen und ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Die Konsultation fand vom 22. bis 25. April statt und stand unter dem Thema „Armut und wirtschaftliche Ungerechtigkeit in Afrika bekämpfen“.

Eine der Initiativen, die während der Konsultation diskutiert wurde, ist die Arbeit der „National Smallholders‘ Farmers Association of Malawi“ (NASFAM). Diese wurde 2009 mit dem von der Yara-Stiftung verliehenen Umweltpreis für ihre herausragende Arbeit zur Verbesserung der Nahrungsmittelerzeugung bei den meist weiblichen Landwirten ausgezeichnet.

„Unseren Kleinbauern und -bäuerinnen fehlt es an landwirtschaftlichen Produktionsmitteln. NASFAM gibt ihnen unter anderem Saatgut und Düngemittel sowie technische Unterstützung während des gesamten Prozesses. Danach ist die Organisation auch beim Vertrieb der Produkte behilflich“, erklärte Steven Kaseko von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Malawi (ELKM) während der Konsultation, die von der LWB-Abteilung für Mission und Entwicklung (AME) organisiert wurde, um die Arbeit der LWB-Arbeitsgruppe zum Thema Armut auszuwerten.

Diese Arbeitsgruppe besteht aus zehn in der Diakonie tätigen Personen aus Äthiopien, Ghana, Kamerun, Kenia, Liberia, Malawi, Simbabwe, Südafrika und Tansania, die genauer untersuchen, wie die LWB-Mitgliedskirchen in Afrika gemeinsam konkrete und durchführbare Massnahmen ergreifen können, um die Armut und Nahrungsmittelknappheit auf dem Kontinent zu bekämpfen.

Wie in Malawi unterstützt auch die Evangelisch-Lutherische Kirche Ghanas (ELKG) ihre bedürftigen Mitglieder finanziell. Dazu gehört auch der Aufbau kleiner Speiselokale, sogenannter „Chop Bars“. „Einer Frau haben wir [die ELKG] 100 US-Dollar für den Aufbau einer ‚Chop Bar‘ gegeben. Von dem Geld hat sie ein Haus gebaut und die Ausbildung ihrer Kinder bezahlt“, erzählte Bischof Dr. Paul Kofi Fynn den Teilnehmenden der Konsultation. Solche Unterstützung verbessere die Lebensbedingungen der Menschen, sichere die schulische Ausbildung der Kinder und fördere die Unabhängigkeit der Frauen, betonte er.

Die Teilnehmenden unterstrichen, wie wichtig es sei, sich gegenseitig von dem vielfältigen einfachen, aber praktischen Engagement der Zivilgesellschaft und der afrikanischen Kirchen zu berichten, durch das den Menschen am Rande der Gesellschaft geholfen werden soll, ihre Armut zu überwinden, und voneinander zu lernen. Weitere Einkommen schaffende Initiativen, die von den Kirchen unterstützt werden und im Rahmen der Konsultation diskutiert wurden, waren das Projekt für ein allgemeines Grundeinkommen (Basic Income Grant, BIG) in Namibia und die Verteilung von Färsen an Frauen mit kleinen landwirtschaftlichen Betrieben in Tansania.

Umfassende Advocacy notwendig

Festgestellt wurde jedoch auch, dass in einigen Ländern des Kontinents zwar ein starkes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen sei, die arme Bevölkerung von diesem Reichtum aber in keinster Weise profitiere, weshalb umfassende Advocacy dringend notwendig sei.

In Liberia fordere die Zivilgesellschaft Rechenschaft über die Verwendung der Gewinne, die die Förderung der vielen Bodenschätze des Landes gebracht habe, erzählte Bernice Womba von der Lutherischen Kirche in Liberia. Nach jahrzehntelangem Diamanten-, Gold- und Eisenerz-Abbau und dem Export von Kautschuk und Palmöl ist die einfache Bevölkerung nach wie vor arm und ausgegrenzt. „Die Menschen wissen, dass die Entdeckung von Erdölvorkommen im Jahr 2012 grössere Gewinne bringen wird als jedes andere Mineral. Sie fürchten jedoch, dass Entscheidungen [getroffen werden], die nicht im Sinne der Armen sind”, fügte sie hinzu.

Die VertreterInnen der LWB-Mitgliedskirchen sprachen auch über die unter afrikanischen Regierungen weit verbreitete Praxis, so genanntes „unproduktives Land“ an multinationale Konzerne zu vermieten, damit diese dort exportgeeignete Nahrung oder Agrarprodukte anbauen können, wobei vorgegeben wird, dass dadurch lokale Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden und sich die Staatseinkünfte erhöhen. Durch diese Entwicklung verarme die lokale Bevölkerung weiter und ihr Land, das ihre wichtigste Lebensgrundlage ist, werde ihnen genommen, betonte die Arbeitsgruppe.

„Die lutherischen Kirchen in Afrika müssen sich kontinuierlich taktvoll und strategisch für die Armen einsetzen, die ihr letztes Gut, ihr Land, verlieren, über das sie sich ihr Leben lang definiert hatten und das ihnen Würde verlieh“, erklärte Geoffery Kalugendo von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania.

Bischof Fynn, der Vorsitzende der LWB-Arbeitsgruppe zum Thema Armut, forderte die afrikanischen lutherischen Kirchen dazu auf, eigene, Einkommen schaffende Projekte wie Schulen, Konferenzzentren, Hotels und Bauernhöfe aufzubauen. „Wenn der Einsatz der Kirche im Kampf gegen die Armut Erfolg haben soll, dann müssen die Kirchenleiterinnen und Kirchenleiter daran glauben, dass sie diese Projekte über ihre Kirchen finanzieren können“, fügte er hinzu.

Afrikanisches lutherisches Kommunikationsnetzwerk

Zeitgleich mit der Konsultation der LWB-Arbeitsgruppe fand ein vom LWB organisierter Workshop für eine Kerngruppe des afrikanischen lutherischen Informations- und Kommunikationsnetzwerks (ALCINET) statt. Die achtköpfige ALCINET-Gruppe vereinbarte, sich darauf zu konzentrieren, Informationen aus der Region über bewährte Vorgehensweisen und Schwierigkeiten im Kampf gegen die Armut und die Auswirkungen des Klimawandels auf das Leben in Afrika auszutauschen.

Pfarrerin Dr. Elieshi Mungure, LWB-Gebietsreferentin für Afrika, sagte, die Konsultation „hat der Arbeitsgruppe die Möglichkeit gegeben, die neuen Realitäten zu verstehen, die eine Stärkung der Gemeinwesen verhindern, und zu erfahren, dass es Möglichkeiten im Kampf gegen die Armut und die ihr zugrundeliegenden wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten gibt“.

Auf dem Aktionsplan der Arbeitsgruppe zum Thema Armut stünden Methoden zur Förderung der Nahrungsmittelerzeugung lokaler Gemeinschaften, zur Schaffung eines besseren Zugangs zur Landnutzung, zur Förderung von Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie zur Förderung der Geschlechter- und Generationengleichheit bei der Aufteilung von Ressourcen und Produktionsmöglichkeiten, erklärte Mungure.

(Von LWI-Korrespondent Fredrick Nzwili)

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