Eine Botschaft von „The People’s Pilgrimage“
Genf, 6. November 2015 (LWI) – The People’s Pilgrimage hat, nach Querung der Alpen zwischen Italien und der Schweiz, das Etappenziel im Ökumenischen Zentrum in Genf erreicht. Die Botschaft der PilgerInnen lautet, dass die internationalen Klimaverhandlungen, die in gut drei Wochen in Paris starten, ein neues Klimaschutzabkommen erreichen müssen.
Leiter der Gruppe ist Yeb Saño, ehemaliger stellvertretender Minister und Verhandlungsführer der Philippinen bei der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC). Vor zwei Jahren hatte sein leidenschaftlicher Appel angesichts der verheerenden Zerstörungen durch Taifun Haiyan bei den UN-Klimaverhandlungen in Warschau den Anstoss gegeben für die weltweite Kampagne „Fasten für das Klima“.
Die 18 PilgerInnen sind 1.500 Kilometer weit unterwegs von Rom nach Paris. Weltweit finden dutzende solche Pilgerfahrten statt. Die Gruppe, die die Route über Genf gewählt hat, besteht mehrheitlich aus PilgerInnen aus den Philippinen, vertreten sind aber auch Grossbritannien, Frankreich, Italien, die USA und Hongkong.
Bei der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP-21), die am 30. November beginnt, sind die fast 200 Unterzeichnerstaaten des UNFCCC gefordert, sich auf eine umfassende, bindende Vereinbarung zu einigen, die sicherstellt, dass die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius bleibt.
Anlässlich einer Veranstaltung im Ökumenischen Zentrum erklärte Saño, Paris sei nicht das abschliessende Ziel der Pilgerfahrt, sondern Etappe auf einem Weg, der letztlich weiterführe in die Herzen und Köpfe der Menschen überall auf der Welt.
„Der Klimawandel wurde immer im ökonomischen, wissenschaftlichen und politischen Zusammenhang diskutiert. Es ermutigt mich, dass mittlerweile auch Glaubensgemeinschaften klar zu diesem Thema Position beziehen. Das ist zu einem Faktor geworden, der uns alle verbindet. Beim Klimawandel geht es um eine spirituelle Krise. Um eine Frage der Moral. Es ist eine moralische Kontroverse.“
Das Thema habe solches Gewicht, dass rein technische oder wissenschaftliche Lösungen nicht ausreichten. „Wir haben ein Problem mit unserem Boden, unserem Wasser, aber das grösste Problem haben wir mit unserem Herzen. Wenn wir uns diesem Problem nicht stellen, kann der Klimawandel nicht aufhören.“
Es geht um Leben oder Tod
Saño beschrieb die Erlebnisse seines Bruders Amado Guerrero Saño, der ebenfalls an der Pilgerfahrt teilnimmt. Vor knapp zwei Jahren überlebte er in der besonders schwer betroffenen philippinischen Stadt Tacloban den Taifun Haiyan. „Er befand sich im Herzen der Zerstörungen und barg viele Tage lang die Leichen. Eigenhändig hat er 78 Tote geborgen. Das ist eine Erfahrung, die man nie mehr hinter sich lassen kann. Niemand ist auf so etwas vorbereitet, nicht einmal die besten Rettungskräfte der Welt. Für eine derart tragische Erfahrung sind sie nicht ausgebildet. Beim Klimawandel geht es für viele Menschen weltweit um Leben, Tod und Überleben.“
Dass es jetzt eine COP-21 gebe, zeige, dass die Welt die letzten 20 Jahre versagt habe. „Ich will nicht eine COP-30 erleben und feststellen, dass der Klimawandel immer noch nicht überwunden ist“, betonte Saño.
„Angesichts dieser für unsere Generation entscheidenden Frage werden wir von zukünftigen Generationen danach beurteilt werden, wie wir mit dieser Krise fertigwerden. Wir werden an unserem Versagen gemessen oder für den Sieg über diese Krise gewürdigt werden.“
The People’s Pilgrimage sei eine „fantastische Reise“, jeder der 36 Tage habe etwas Schönes hervorgebracht. „Die Lektion, die wir gelernt haben, lautet, es gibt Hoffnung für die Menschheit, denn wir werden gastfreundlich aufgenommen, willkommen geheissen und lernen dadurch, einander zu vertrauen. Mehr brauchen wir für keinen der Schritte, die wir vorwärts gehen.“
Saño betonte weiter, man spreche von einer Pilgerfahrt, nicht von einer normalen Wanderung oder Reise. „Sie ist nicht rein körperlich oder mental, sondern in grossem Masse spirituell.“
Guillermo Kerber-Mas vom Ökumenischen Rat der Kirchen ergänzte, The People’s Pilgrimage sei eine der interessantesten Klimainitiativen. Sie zeige, wie sehr den Menschen die Klimaproblematik am Herzen liege. Bei den neun COP-Tagungen, an denen er bisher teilgenommen habe, sei ihm deutlich geworden, wie schwierig es sei, auch nur die grundlegendste moralische Klimakrise anzugehen.
Martin Kopp, beim LWB Advocacy-Referent für den Klimawandel, sprach analog zu dem Beitrag, den jedes Land im Kampf gegen die Erderwärmung leisten müsse, vom spirituellen Beitrag der Organisationen aus dem religiösen Bereich: „Wir haben Kontemplation, Gebet, Pilgern, Fasten. Das sind unsere spirituell geprägten Beiträge.“
Die Kampagne „Fasten für das Klima“, die aus der COP-19 in Warschau entstanden sei, erreiche längst nicht mehr nur vom Glauben motivierte Teilnehmende, sie werde von Menschen in mehr als 90 Ländern, darunter auch AgnostikerInnen und AtheistInnen, unterstützt. Seit der COP-20 in Lima, die im vergangenen Jahr stattfand, fasteten regelmässig Menschen in aller Welt mit Blick auf die nächste Tagung in Paris. Dabei gehe es auch um die „Freude, die aus dem gemeinsamen Fasten und dem gemeinsamen Entwerfen einer gerechteren, friedlicheren und nachhaltigeren Welt entsteht“.
Kopp ergänzte: „Die Herausforderung des Klimawandels wird im Dezember nicht einfach verschwinden, selbst wenn wir bei der COP-21 erfolgreich sind. Was auch immer passiert, unser Ziel ist der Aufbau einer gesellschaftlichen Bewegung für Klimagerechtigkeit.“
Vitumbiko Chinoko vom ACT-Bündnis unterstrich die Rolle der Organisationen aus dem Bereich der Religionen angesichts des Machtpokers um das Klima: „Egal, wie viel wissenschaftliche Belege erbracht werden, wir erleben, dass die Grossmächte mit ihrem Verhalten durchkommen.“
Er schloss jedoch optimistisch: „Was in Paris auch geschieht, wir müssen jedenfalls die Staaten dazu bringen, dass sie bereit sind umzusetzen, worauf sie sich geeinigt haben. Auf Anpassungsmassnahmen, Finanzierungs- und Überprüfungsfragen kann man sich einigen. Wenn wir in diesen Bereichen erfolgreich sind, können wir tatsächlich sagen, dass wir in Paris etwas erreicht haben.“