Historisches Reformationsgedenken mit Papst Franziskus, LWB-Präsident Younan und Generalsekretär Junge
LUND, Schweden (LWI) – Papst Franziskus, LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan und LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Martin Junge standen heute einer Gedenkveranstaltung vor, in deren Rahmen die katholische Kirche und der Lutherische Weltbund (LWB) ihre Entschlossenheit erklärt haben, sich vom Konflikt abzuwenden, den Weg zur Gemeinschaft zu beschreiten und ihr gemeinsames Zeugnis zu stärken. Erstmals gedachten bei diesem historischen Ereignis, das in Schweden stattfand, die katholische und die lutherische Tradition auf Weltebene gemeinsam eines Reformationsjubiläums.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche sowie führende Vertreter des LWB standen dem Gemeinsamen katholisch-lutherischen Reformationsgedenken vor, das einen ökumenischen Gottesdienst im Dom zu Lund unter Beteiligung von 500 Gläubigen sowie eine öffentliche Veranstaltung in der Malmö Arena umfasste, an der etwa 10.000 Menschen teilnahmen. Das ökumenische Reformationsgedenken konnte per Liveübertragung im Radio, Fernsehen und im Internet weltweit verfolgt werden.
König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia von Schweden sowie der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven und weitere Regierungsvertreter nahmen zusammen mit Leitungsverantwortlichen aus verschiedenen christlichen Gemeinschaften und kirchlichen Organisationen aus aller Welt an der Liturgie teil, in deren Rahmen Papst Franziskus und LWB-Generalsekretär Junge auf Spanisch predigten.
Papst Franziskus erklärte: „Jetzt haben wir im Rahmen des gemeinsamen Gedenkens der Reformation von 1517 eine neue Chance, einen gemeinsamen Weg aufzunehmen, der sich in den letzten 50 Jahren im ökumenischen Dialog zwischen dem Lutherischen Weltbund und der Katholischen Kirche gebildet hat.“
In seiner Predigt betonte der LWB-Generalsekretär, Lutheraner und Katholiken eine viel mehr, als sie trenne. „Wir sind Reben an demselben Weinstock. Wir sind eins in der Taufe. Darum feiern wir dieses gemeinsame Reformationsgedenken: um neu zu entdecken, wer wir in Christus eigentlich sind.“
Gemeinsames Wort
Höhepunkt des Gottesdienstes war die Unterzeichnung eines Gemeinsamen Wortes durch Papst Franziskus und LWB-Präsident Younan. Das Dokument formuliert den Dank an Gott für den ununterbrochenen und fruchtbaren katholisch-lutherischen Dialog, durch den sich das gegenseitige Verständnis und Vertrauen vertieft habe. Beide Seiten seien „nicht länger Fremde“, da sie einander durch Dialog und gemeinsames Zeugnis näher gekommen seien.
Weiter bringen die katholische und lutherische Seite in der Erklärung ihre Dankbarkeit zum Ausdruck „für die geistlichen und theologischen Gaben, die wir durch die Reformation empfangen haben“. Sie bekennen und beklagen jedoch zugleich, dass sie die sichtbare Einheit der Kirche verwundet haben durch die mit ihren theologischen Unterschieden einhergehenden Vorurteile und Konflikte und dadurch, dass Religion für politische Ziele instrumentalisiert wurde.
Das Dokument lehnt nachdrücklich „allen vergangenen und gegenwärtigen Hass und alle Gewalt ab, besonders jene im Namen der Religion.“
Der Glaube an und die Taufe auf Christus „verlangen von uns eine tägliche Umkehr, durch die wir die historischen Meinungsverschiedenheiten und Konflikte, die den Dienst der Versöhnung behindern, ablegen“, betont die Erklärung. Obschon sich die Vergangenheit nicht verändern ließe, „kann das, woran man sich erinnert und wie man sich erinnert, verwandelt werden.“
Wunden heilen
Die Erklärung artikuliert das Gebet beider Konfessionen „um die Heilung unserer Wunden und Erinnerungen, die den Blick aufeinander verdunkeln.“ Beide Seiten seien sich bewusst, „dass wir durch Gnade befreit sind, uns zur Gemeinschaft hin zu begeben, zu der Gott uns beständig ruft.“
Weiterhin wird die gemeinsame Verantwortung gegenüber jenen Menschen hervorgehoben, „die sich nach Würde, Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung sehnen.“ Die Glaubenden beider Traditionen werden aufgefordert, zusammenzuarbeiten, „um den Fremden aufzunehmen“, und die Rechte von Flüchtlingen und Asylsuchenden zu verteidigen.
Die beiden christlichen Traditionen erklären sich gemeinsam verantwortlich für Gottes Schöpfung, „die durch Ausbeutung und die Auswirkungen einer unersättlichen Gier in Mitleidenschaft gezogen wird.“ Sie beten um einen Wandel der Herzen und der Sinne, „der uns zu einer liebevollen und verantwortlichen Art und Weise der Sorge für die Schöpfung führt“, und sie anerkennen das Recht der zukünftigen Generationen, „sich an Gottes Erde in all ihrem Reichtum und all ihrer Schönheit zu erfreuen.“
Geistlicher Hunger und Durst
Das Gemeinsame Wort spricht von der katholisch-lutherischen pastoralen Verantwortung, „dem geistlichen Hunger und Durst“ vieler Glaubender beider Konfessionen zu begegnen, die „sich danach [sehnen], das Abendmahl an einem Tisch zu empfangen als konkreten Ausdruck der vollen Einheit.“ Es artikuliert die Sehnsucht „danach, dass diese Wunde im Leib Christi geheilt wird“, und erinnert daran, dass dies „das Ziel unserer ökumenischen Bemühungen“ sei.
Das Gemeinsame Wort schließt mit einer an alle lutherischen und katholischen Gemeinden und Gemeinschaften gerichteten Ermutigung, den weiteren gemeinsamen Weg „unerschrocken und schöpferisch, freudig und hoffnungsvoll“ fortzusetzen. „Gottes Gabe der Einheit“ werde die Zusammenarbeit leiten und „unsere Solidarität vertiefen.“
Verstärkte Zusammenarbeit im Dienst an Menschen in Not
Im Rahmen der Feierlichkeiten in der Malmö Arena, die unter dem Motto „Verbunden in Hoffnung“ standen, unterzeichneten die Direktorin des LWB-Weltdienstes, Maria Immonen, und der Generalsekretär von Caritas Internationalis, Michel Roy, eine Absichtserklärung, in der sich die beiden weltweit engagierten christlichen Organisationen verpflichten, ihre Beziehungen zu vertiefen und in den Bereichen humanitäre Hilfe und nachhaltige Entwicklung enger zusammenzuarbeiten.
Die Veranstaltung rundeten künstlerische Beiträge und persönliche Zeugnisse von lutherischen und katholischen Christinnen und Christen ab, die sich in Burundi, Indien, Kolumbien, dem Südsudan und in Syrien für soziale Gerechtigkeit und das Klima engagieren. Papst Franziskus und LWB-Präsident Munib Younan nahmen zu diesen Zeugnissen Stellung.