Die ganze Welt in einem Raum

28 März 2019
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Teilnehmende des 19. Internationalen Seminars für Pfarrerinnen und Pfarrer während einer Exkursion in Wittenberg. Foto: LWB/A. Weyermüller

Teilnehmende des 19. Internationalen Seminars für Pfarrerinnen und Pfarrer während einer Exkursion in Wittenberg. Foto: LWB/A. Weyermüller

Rückblick von Teilnehmenden am 19. Internationalen Theologie-Seminar in Wittenberg

Wittenberg, Deutschland/Genf (LWI) – Unabhängig davon, aus welchem Land sie stammen, sind sich die Teilnehmenden des 19. Internationalen Theologie-Seminars am LWB-Zentrum Wittenberg in Deutschland einig, dass das Seminar eine bereichernde und wertvolle Erfahrung gewesen ist. Es bringe die lutherische Gemeinschaft zusammen und verbinde theologisches Lernen mit Exkursionen zu Orten von historischer Bedeutung. Am Seminar nahmen 20 Pfarrerinnen und Pfarrer aus Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in 17 Ländern teil.

„Diese vielen Menschen kennenzulernen und sich über unsere Kirchen und Gemeinden, über Glaube, Liebe und Martin Luther auszutauschen, hat in einer kurzen Zeit ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl in uns geschaffen – das ist großartig und ein wahrer Segen!“, freut sich Susanne Öhlén, Teilnehmerin von der Schwedischen Kirche. Bischof Kenneth Sibanda von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Simbabwe fügt hinzu: „Dass wir gemeinsam Theologie getrieben und uns über unsere unterschiedlichen Erfahrungen austauschen konnten, hat mir Mut gemacht. Ich habe verstanden, wie Christus durch meine Schwestern und Brüder in der ganzen Welt wirkt.“

Sich die Zeit zu nehmen, Luthers Schriften mit einem besonderen Augenmerk für die sozialen und ethischen Aspekte seiner Theologie zu betrachten, stellte sich als lohnendes Unterfangen heraus. Auf die Frage, was den nachhaltigsten Eindruck bei ihr hinterlassen habe, antwortet Triin Käpp von der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche: „Kontextualisierung ist sehr wichtig – sowohl historisch gesehen im Mittelalter, aber auch für uns in unserer heutigen Zeit und in den verschiedenen Kontexten, in denen wir leben. Die größte Erkenntnis für mich persönlich war, die Konzepte Angst – im Mittelalter wie heute ein wichtiger Begriff – und Macht – jene, die Macht haben, müssen die Stimme erheben für jene, die keine Stimme haben – zu verstehen.“

Jürgen Grauling von der Vereinigung evangelischer Kirchen von Elsass und Lothringen ist besonders aufgefallen und bewusst geworden, wie eng aktuelle Themen verbunden sind mit Luthers Theologie der Freiheit eines Christenmenschen und seinem Verständnis vom Priestertum aller Gläubigen. Lise Palstöm von der Evangelisch-Lutherischen Volkskirche in Dänemark drückte das mit folgenden Worten aus: „Es war überraschend aufschlussreich, die Texte Martin Luthers zu lesen und sich darüber auszutauschen – es war als würden die 500 Jahre zusammenschrumpfen, weil wir uns heute und in unseren jeweiligen Ländern mit ganz ähnlichen Themen und Problemen auseinandersetzen.“

Rebecca Sheridan von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika hob ein anderes Thema des zweiwöchigen Seminars hervor: „Ich wollte schon immer gerne zu den historischen Orten, an denen Luther gewirkt hat. Daher war es für mich auch eine Art ‚Pilgerreise‘, dass ich Luthers Texte lesen und die Orte besuchen konnte, an denen er gelehrt, gepredigt und geschrieben hat. Gleichzeitig haben wir im Rahmen unserer Exkursionen auch Berichte von Deutschen gehört, die in der DDR gelebt haben, und darüber wie sie die tiefgreifenden Veränderungen der Wiedervereinigung Deutschlands erlebt haben, die in nicht unwesentlichem Maße möglich wurde durch die friedliche Revolution, die mit den lutherischen Friedensgebeten in Leipzig angestoßen wurde. Diese ganz persönlichen Geschichten und Berichte zu hören, hat die Bedeutung der lutherischen Stimme in der Welt für mich persönlich noch vergrößert.“

Wittenberg als Veranstaltungsort für das Seminar brachte auch Annette Kalettka von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens ganz neue Einblicke, obwohl ihre Gemeinde nur etwa 200 km von Wittenberg entfernt ist. „Der Besuch in Wittenberg hat es mir möglich gemacht, einen ganzheitlicheren Blick auf Luther und seine Zeit zu erlangen“, erklärte sie. „Auch wenn ich natürlich vorher schon in Wittenberg gewesen war, habe ich jetzt viele neue Dinge entdeckt und gelernt. Das hört sich vielleicht komisch an, aber für mich fühlte es sich an, als sei ich in einem anderen Land gewesen, nicht in meinem eigenen. Das ist wahrscheinlich auf die verschiedenen Blickwinkel der anderen Teilnehmenden zurückzuführen. Sie haben ihre Bewunderung für unsere lange Geschichte und die Entstehung der lutherischen Kirche mit hierhergebracht.“

 

Vom 2. bis 16. März fand im LWB-Zentrum Wittenberg das 19. Internationale Seminar für Theologinnen und Theologen statt. Das Thema des Seminars lautete "Ethische und soziale Aspekte in Martin Luthers Theologie" und wurde von Prof. Dr. Ľubomír Batka (Slowakei) und Dr. Hoyce Jacob Lyimo-Mbowe (Tansania) geleitet. 20 Pfarrerinnen und Pfarrer von Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) aus 17 Ländern nahmen teil.

 

LWF/OCS