„In zwei Wochen sind wir wieder in Syrien“
Der LWB hatte bereits von 1949 bis 1975 ein Länderprogramm für Jordanien durchgeführt, in erster Linie zur Unterstützung palästinensischer Geflüchteter. 2012, kurz nach der Ankunft der ersten Geflüchteten aus Syrien, reagierte der LWB auf die Bitte seiner Mitgliedskirche, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, die syrischen Geflüchteten und hilfsbedürftige Bevölkerungsgruppen in Jordanien zu unterstützen.
Islam Shdefat, Programmkoordinatorin für LWB-Jordanien, ist seit Ankunft der ersten Geflüchteten in Jordanien 2011 an der humanitären Hilfsaktion als Antwort auf die Krise in Syrien beteiligt. Während ihrer Arbeit für eine andere Hilfsorganisation hat sie Menschen aufgenommen, die vor dem Bürgerkrieg in Ramtha geflohen sind, ganz in der Nähe der jordanisch-syrischen Grenze. Die ersten Menschen, die über die Grenze kamen, waren Frauen und Kinder, die aus Syrien flüchteten und Schutz suchten. Oft mussten sie geliebte Ehemänner, Brüder, Väter und Großväter zurücklassen. „Diese Frauen wollten unbedingt wieder nach Hause und konnten nicht voraussehen, wie lange dieser Konflikt dauern würde“, erinnert sich Shdefat. „Sie haben mir immer wieder gesagt: ‚In zwei Wochen sind wir wieder in Syrien‘.“
Aus den zwei Wochen wurden elf Jahre, und aus den großen Flüchtlingslagern in Jordanien sind Kleinstädte mit Schulen, Geschäften und Gesundheitszentren entstanden. „Die Tatsache, dass der Krieg nicht innerhalb kurzer Zeit zu Ende sein würde, wurde mir und meinen Kolleginnen und Kollegen ein paar Wochen später klar, als wie die Eröffnung des ersten Friseurladens in einem der Zelte erlebt haben, in dem syrische Geflüchtete lebten“, erinnert sich Shdefat.
Humanitäre Hilfe nach Bedarf
Der LWB hat sich mit seinen Aktionen angepasst – ging es zunächst eher um eine schnelle Soforthilfe, geht es jetzt um Programme, die den Menschen langfristig nutzen. So waren zum Beispiel die Auszahlung von Bargeldhilfen und die schnelle Verteilung von Hilfsgütern in den ersten Phasen des syrischen Bürgerkriegs von größter Bedeutung. Diese Art der Hilfestellung war auch wieder lebensrettend während der COVID-19-Pandemie. Direkt zu Beginn der Krise hat sich das LWB-Personal allerdings schon die Frage gestellt, was erforderlich sein wird, wenn die Geflüchteten länger als nur ein paar Wochen bleiben würden. Diese Frage musste nicht nur für sie, sondern auch für ihre Aufnahmegemeinschaften beantwortet werden.