Flüchtlinge verlieren viel, aber nie ihre Menschenrechte

18. Apr. 2016
LWB-Generalsekretär Dr. h.c. Martin Junge. Foto: LWB/F. Hübner

LWB-Generalsekretär Dr. h.c. Martin Junge. Foto: LWB/F. Hübner

Martin Junge dankt Deutschland für klare Haltung in der Flüchtlingskrise im Sommer 2015

Hannover, Deutschland/Genf, 18. April 2016 (LWI) – Dank und Respekt für das Flüchtlingsengagement der Kirchen in Deutschland und der Bundesrepublik insgesamt äußerte LWB-Generalsekretär Dr. h.c. Martin Junge am 14. April 2016 in Hannover, Deutschland. Beim parlamentarischen Abend der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen sagte er in einem Impulsvortrag – mit Bezug auf die Öffnung der deutschen Grenzen für Flüchtlinge im Sommer 2015: „Die Bundesregierung hat unmissverständlich Zeichen gesetzt. Sie hat ihre moralische, humanitäre Verantwortung wahrgenommen und sich populistischer Stimmungsmache entzogen.“

Politiker und Kirchenvertreter rief er dazu auf, in der Botschaft der Menschlichkeit und des Willkommenheißens nicht nachzulassen. „Sie werden gebraucht, nicht allein von Flüchtlingen, sondern auch von Menschen in ihrem Land, die nach Orientierung in der gegenwärtigen herausfordernden Situation suchen.“ Die Fragen und Existenzängste, die Menschen angesichts der Flüchtlingszahlen hätten, müssten beantwortet werden, so Junge, ob sie berechtigt seien oder nicht. Andernfalls würden hasserfüllte und gewaltbereite Strömungen weiteren Zulauf erhalten.

„Abschottung löst keine Probleme“

Angesichts der Migrationsbewegung in Richtung Europa machte sich Junge für eine einheitliche europäische Politik stark. Die Auslagerung vor die Grenzen Europas und die Abschottung Europas sei aber keine Lösung, betonte er. „Abschottung löst keine Probleme. Flüchtlinge aus Europa fernzuhalten, lässt sie nicht verschwinden.“ Der chilenische Pfarrer appellierte an die Anwesenden, wachsam die Entwicklungen zu begleiten und es nicht zuzulassen, dass Menschenrechte relativiert würden. Aus den Erfahrungen der chilenischen Diktatur sei ihm noch heute gegenwärtig, wie gefährlich es sei, individuelle Menschenrechte anzutasten. So unterstrich er: „Flüchtlinge dürfen weder gefangen genommen noch gehalten werden. Flüchtlinge dürfen nicht in Länder abgeschoben werden, die als unsicher eingestuft werden.“

Er ermutigte, an der Botschaft festzuhalten, „dass Flüchtlingen menschlich begegnet werden muss. […] Halten Sie fest an der Einstellung, dass Menschen auf der Flucht zwar vieles aufgeben und verlieren, nicht jedoch ihre Menschenrechte.“ In ähnlicher Richtung unterstrich Junge auch die Bedeutung der Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention: „Was damals um 1950 für Ungarn, Letten und Deutsche gegolten hat […] muss auch 2016 für Syrer, Eritreer und Iraker gelten.”

Außerdem sprach sich der LWB-Generalsekretär strikt dagegen aus, Flüchtlingshilfe in Konkurrenz zu langfristiger Entwicklungszusammenarbeit zu setzen. Wenn Maßnahmen der Flüchtlingsbetreuung in Europa zu Lasten der Entwicklungshilfe weltweit gingen, verstärke dies gerade Grundursachen von Migration, nämlich Armut und Perspektivlosigkeit. Ebenso könnten Radikalisierung und Rekrutierung zu einem „schier unlösbaren Herausforderung“ anwachsen, stellte der LWB-Generalsekretär fest.

Auch Politik dankt Kirchen

In einem Grußwort würdigte auch der Präsident des niedersächsischen Landtags, Bernd Busemann, das Engagement und die wichtige Stimme der Kirchen in der politischen Diskussion. Hannovers Landesbischof Ralf Meister sagte zu, dass die Kirchen sich weiter engagieren werden. Meister ist Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, einem Zusammenschluss der vier lutherischen und der reformierten Kirche auf dem Gebiet des Bundeslandes. Die vier lutherischen Kirchen, die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Braunschweig, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg sowie die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe, sind Mitgliedskirchen des LWB.

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