LWB-Vizepräsident Malasusa: Reformationsgedenken eine „Erfahrung der Gnade Gottes“
DAR-ES-SALAAM, Tansania/GENF (LWI) – Bischof Dr. Alex G. Malasusa ist der LWB-Vizepräsident für Afrika. Er leitet die Ostküstendiözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania und war dort von 2005 bis 2015 als leitender Bischof tätig. Zurzeit ist er Vorsitzender des Christlichen Rats von Tansania.
Im Gespräch mit der Lutherischen Weltinformation berichtet er über seine Erfahrungen in einer Region, in der Menschen unterschiedlichen Glaubens zusammenleben und gemeinsame diakonische Arbeit in Bereichen wie politische Bildung und Gesundheitsversorgung leisten.
Lutherische Weltinformation: Welche Bedeutung hat das Gemeinsame katholisch-lutherische Reformationsgedenken im schwedischen Lund und Malmö aus Ihrer Perspektive?
Bischof Dr. Alex Malasusa: Für uns, die wir aus Afrika kommen, ist es ein großes Glück, Zeuge dieses Gemeinsamen katholisch-lutherischen Reformationsgedenkens zu sein, denn wir glauben, dass hieraus neue Impulse entstehen, damit die eine Kirche Christi mehr gemeinsam bewirkt. Ich glaube, dass diese Veranstaltung die Einheit der Gläubigen stärkt und Vorbehalte oder Einwände gegen eine Zusammenarbeit ausräumen wird. Das ist von größter Bedeutung, wenn man bedenkt, dass die katholische Kirche und die lutherischen Kirchen in Afrika noch recht jung sind und kaum länger als 200 Jahren existieren.
In welcher Weise arbeiten Lutheraner und Katholiken in Ihrer Region zusammen? – Können Sie Beispiele nennen?
Das Zusammenleben und die gemeinsame Arbeit als Glaubensgemeinschaften ist ein fester Bestandteil des Alltagslebens in Afrika. In den meisten Ländern gibt es eine Koexistenz von Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Konfessionen.
In Tansania, zum Beispiel, arbeiten die lutherischen und katholischen Gläubigen gut innerhalb ökumenischer Einrichtungen wie dem Christlichen Rat von Tansania (CCT) zusammen. Ein Bereich, in dem diese Kooperation funktioniert, ist die Christian Social Service Commission (CSSC) – das ist der Zusammenschluss von evangelischer und katholischer Kirche in Tansania. Einer der Mitinitiatoren der CSSC war der lutherische, 2004 verstorbene Pädagoge Dr. Anza Lema, der von 1980 bis 1992 beigeordneter Generalsekretär des LWB war. Die CSSC stellt den kircheneigenen Krankenhäusern ebenfalls Gesundheitsfachkräfte, medizinische Geräte und Arzneimittel zur Verfügung.
Ein weiteres Beispiel ist das Christliche Forum. Das ist eine Plattform für Katholiken, das CCT und die Pfingstkirchen, auf der Themen wie politische Bildung und demokratisches Regierungsshandeln diskutiert werden können.
Darüber hinaus veranstalten wir während christlicher Feiertage wie Ostern und Weihnachten ökumenische Gottesdienste, die abwechselnd von Geistlichen der katholischen Kirche und der protestantischen Kirche unter dem Dach des CCT gefeiert werden. Die Regierung erkennt den Wert dieser Zusammenarbeit und informiert im Radio und im Fernsehen über diese Veranstaltungen.
Wie kann die Zusammenarbeit der Konfessionen in Blick auf Flüchtlinge und Migranten in Ihrer Region aussehen?
Es ist gut, dass wir hier eine öffentliche Veranstaltung haben, an der auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger teilnehmen können. Die katholische und die lutherische Glaubensgemeinschaft gehören zu den größten Konfessionen in Afrika und verfügen über bemerkenswerte soziale Dienste, eine Zusammenarbeit ist hier von besonderer Bedeutung. Ein Beispiel hierfür ist die Möglichkeit der nationalen Caritas-Einrichtung, mit dem Lutherischen Entwicklungsdienst oder anderen diakonischen Einrichtungen der lutherischen Kirchen zusammenzuarbeiten; dies hat beträchtliche Auswirkungen in der Region. In Tansania zum Beispiel wird der Beitrag des Christlichen Flüchtlingsdienstes von Tanganjika der ELKT und der örtlichen Caritas-Einrichtung von der Regierung und der Gemeinschaft insgesamt hoch geschätzt.
Wie wird das Reformationsgedenken in Ihrer Region gefeiert?
Auf dem sechzigjährigen Jubiläum der Moshi Konferenz in Tansania begannen auch die Vorbereitungen in der Region für das 500. Reformationsjubiläum. Darüber hinaus verfolgt jede der Mitgliedskirchen ihre eigenen Pläne für das Reformationsgedenken – das hängt vom nationalen Kontext ab.
In Ländern mit mehr als nur einer LWB-Mitgliedskirche wurde das Reformationsjubiläum genutzt, um diese Kirchen durch eine gemeinsame Feier einander näherzubringen. In Nigeria plant die Jugend zum Beispiel eine gemeinsame Feier in der Stadt Abuja. In Südafrika begehen die fünf LWB-Mitgliedskirchen das Reformationsgedenken gemeinsam und nutzen die Themen zur Diskussion kontextbezogener Fragen. Theologische Institute sind aufgefordert, Studienprozesse über die Auswirkungen der Reformation in den Kirchen Afrikas zu beginnen.
Theologinnen in Äthiopien, Madagaskar, Tansania und Simbabwe haben das Reformationsjubiläum als Chance genutzt, auch der Frauenordination in der afrikanischen lutherischen Kirche zu gedenken und weitere strategische Arbeit zu leisten.
Sie werden den LWB und Ihre Region bei den Feierlichkeiten in Lund und Malmö vertreten. Wie sehen Ihre persönlichen Erwartungen für diesen Tag aus?
Ich erwarte, dass ich die Kirche als den einen Leib Christ erlebe und ich Gott für seine Gnade danken kann, die uns zu diesem positiven Schritt geleitet hat und uns unsere Meinungsverschiedenheiten und Schmerzen der Vergangenheit überwinden lässt. Ich freue mich darauf zu sehen, wie die Kirche voranschreitet und sich dafür einsetzt, allen Menschen die frohe Botschaft des Evangeliums zu verkünden.