Mehr Initiativen für einen dauerhaften Frieden und Gerechtigkeit für die Opfer gefordert
Genf (LWI) – Die internationale Gemeinschaft muss mehr tun, um Menschen zu unterstützen, die eine prophetische Stimme für Gerechtigkeit und Frieden in Kolumbien sein wollen. Dies war der Appell von Mitgliedern des kirchenübergreifenden Netzwerks DiPaz aus Bogotá auf einer Veranstaltung, die sie gemeinsam mit dem Lutherischen Weltbund (LWB) und dem ACT-Bündnis organisiert hatten.
Die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion am 7. Juni in Genf verurteilten die allgegenwärtige Gewalt und die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen trotz der Unterzeichnung des Friedensvertrags 2016 in Kolumbien zwischen der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC). Die Friedensvereinbarung hat offiziell einen mehr als 50 Jahre anhaltenden bewaffneten Konflikt mit dieser Guerillagruppe beendet, der mehr als 200.000 Tote gefordert hat und in dessen Verlauf 100.000 Menschen verschwunden und ca. 8 Millionen vertrieben wurden.
Der DiPaz-Menschenrechtsaktivist Danilo Rueda wies darauf hin, dass seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags weitere 138 ehemalige Kämpferinnen und Kämpfer oder Familienmitglieder getötet wurden – in einem „Klima des Chaos und der Angst“, wie er es nannte. Er sagte, dass unterschiedliche Gruppen versuchten, wichtige Schritte des in dem Abkommen festgelegten Friedensprozesses zu sabotieren. Dies betreffe die Gerechtigkeit für die Opfer des Konfliktes und die Rückgabe von Land.
Ein früherer juristischer Berater der FARC, der auch die Gespräche mit einer weiteren Guerillagruppe, der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) begleitet, erklärte, dass es keinen dauerhaften Frieden geben könne, wenn Kolumbiens derzeitiger Präsident Ivan Duque weiterhin Reformen rückgängig mache, die sein Vorgänger auf den Weg gebracht habe. Er sagte: „Die internationale Gemeinschaft muss Druck auf den Präsidenten ausüben, damit er weiterhin Gespräche mit der ELN führt, und um ein gefährliches Abbrechen des Dialogs im Land zu vermeiden.“
Stimmen lokaler Führungspersonen zu Gehör bringen
In seinem Bericht über die Initiativen des LWB, um Menschenrechtsaktivisten in Kolumbien zu unterstützen, sagte Dr. Ojot Ojulu, stellvertretender Generalsekretär für Internationale Angelegenheiten und Menschenrechte, dass „ein nachhaltiger Frieden davon abhängt, dass wir unsere gewalttätige Vergangenheit anerkennen.“ Er erklärte, dass die Advocacy-Arbeit des LWB über den Menschenrechtsrat, das Universelle Periodische Prüfungsverfahren und das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau stattfinde „und damit den Stimmen der lokalen politischen Führung und besonders den Frauen und den indigenen und afrokolumbianischen Bevölkerungsteilen Gehör verschafft wird.“
Warum es so wichtig ist, auf die Stimmen der Frauen im Friedensprozess zu hören, erläuterte Pfarrerin Dr. Elaine Neuenfeldt, Programmreferentin für Gendergerechtigkeit beim ACT-Bündnis. Nur „wenn wir ihren Geschichten, Erzählungen und Erlebnissen zuhören, kann der Staat erfolgreich etwas gegen die eigentlichen Ursachen des Konfliktes unternehmen“, sagte sie. Sie wies auf die Bedeutung einer Gender-Perspektive als wichtigen Punkt bei allen Verhandlungen hin und stellte fest, dass im Friedensabkommen von 2016 sexuelle Gewalt nicht auf der Liste der Verbrechen stehen dürfe, die unter die Amnestie fallen.
Kirchen haben eine wichtige Rolle übernommen
Dr. Isabel Apawo Phiri, stellvertretende Generalsekretärin des Ökumenischen Rates der Kirchen, berichtete über das langjährige Engagement ihrer Organisation in Kolumbien und die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen für Frieden, Versöhnung und den Respekt der Menschenrechte. Sie wies nachdrücklich auf die Bedeutung der Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Umsetzung der Friedensvereinbarungen hin. Dazu gehöre auch die UN Verification Mission. „Als Kirchen stehen wir weiterhin für den Frieden ein“, fügte sie hinzu.
Der frühere Leiter des Büros des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Kolumbien, Todd Howland, wies auf die wichtige Rolle der Kirchen bei der Förderung der Versöhnung hin und erinnerte an ein öffentliches Reuebekenntnis früherer FARC-Mitglieder wegen eines Angriffs auf eine Kirche in Bojayà, bei dem mindestens 119 Menschen ums Leben kamen. Er sprach sich dafür aus, dass die Vereinten Nationen mehr Engagement für die Umsetzung des Friedensabkommens von 2016 zeigen sollten, und forderte die Regierungen nachdrücklich auf, Menschenrechtsorganisationen stärker zu unterstützen, „die für eine friedliche und inklusive Gesellschaft arbeiten.“