Wittenberger Impulse für das Reformationsgedenken

29. Jun. 2016
Abschlusspressekonferenz mit (v.l.) Generalsekretär Martin Junge, Erzbischöfin Antje Jackelén, Anna-Maria Klassen und Eunhae Kwon. Foto: LWB/M. Renaux

Abschlusspressekonferenz mit (v.l.) Generalsekretär Martin Junge, Erzbischöfin Antje Jackelén, Anna-Maria Klassen und Eunhae Kwon. Foto: LWB/M. Renaux

LWB-Ratstagung 2016 bekräftigt gemeinschaftliche Bande

WITTENBERG, Deutschland/GENF 22. Juni 2016 – Nach Aussage leitender Personen des Lutherischen Weltbundes (LWB) hatten die Delegierten bei der diesjährigen Tagung des Leitungsgremiums in Wittenberg Gelegenheit, Kontakt zu den historischen Wurzeln ihrer Kirchen aufzunehmen, Anlauf zu nehmen zum 500. Reformationsjubiläum und sich über ihr gemeinsames Zeugnis in der heutigen Welt auszutauschen.

Bei der abschliessenden Pressekonferenz der Ratstagung, die von 15. bis 21. Juni stattgefunden hatte, sprachen der LWB-Generalsekretär, Pfarrer Dr. Martin Junge, und die Ratsmitglieder Erzbischöfin Dr. Antje Jackelén (Schweden), Anna-Maria Klassen (Deutschland) und Eunhae Kwon (Südkorea) über ihre Eindrücke von der einwöchigen Tagung. 

Eunhae Kwon, LWB-Vizepräsidentin für Asien, berichtete vom Sonntagsgottesdienst in der Gemeinde in Bitterfeld, in Sachsen-Anhalt. „Ich erlebte die warme Gastfreundschaft der Gemeinde. Ich beobachtete die multikulturelle Landschaft Europas, die in der Kirche zum Ausdruck kommt, wenn sie ihre Hand liebevoll ausstreckt und Flüchtlinge wie auch andere vertriebene Menschen in der Gemeinschaft willkommen heisst.“ Flüchtlinge aus Somalia und Syrien, die jetzt in Bitterfeld leben, nahmen am Gottesdienst teil. Die Delegierte der Lutherischen Kirche in Korea sagte, derartige Erfahrungen „wecken in uns Hoffnung und motivieren andere, sich diesem Ausdruck der Liebe anzuschliessen.“

Klassen, Vorsitzende des Ständigen Ausschusses für Kommunikationsdienste des LWB-Rats, meinte, die gemeinsamen Gebete und Andachten als Teil der täglichen Arbeit des Rates „haben mir viel Kraft gegeben und sind ein wichtiger Ausdruck der grundlegenden Wurzeln der lutherischen Gemeinschaft.“

Ein Grundprinzip

Mit Blick auf Diskussionen und Aktionen zur globalen Flüchtlingskrise sagte Klassen, viele Leute in Deutschland würden sich fragen, warum der LWB und seine Kirchen vertriebenen Menschen hilfen, die keine Christen sind. „Für mich persönlich ist es wichtiger geworden zu betonen, dass wir anderen nicht helfen, weil sie Christen sind, sondern weil wir Christen sind“, fügte Klassen, selbst Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche Hannovers, hinzu.

Jackelén konstatierte, die öffentliche Diskussion in Europa zum Thema Flüchtlinge habe sich weiter polarisiert. In Schweden habe die Regierung neue Bestimmungen eingeführt, anhand derer  die Anzahl von Asylsuchern, die eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten können, verringert worden sei, und habe Familien das Zusammenbleiben erschwert. „Wir als Kirchen protestieren energisch dagegen“, sagte sie. Unter Bezugnahme auf eine Erklärung des LWB-Rates betonte sie, dass es für die Kirche wichtig sei, öffentlich präsent zu sein wenn derartige Themen erörtert würden.

Junge erklärte, die Unterstützung des LWB für Flüchtlinge sei eines der Grundprinzipien der Organisation. Er bekräftigte die Resolution des Rates „Seite an Seite mit Flüchtlingen“ und fügte hinzu: „Menschen verlieren viel, wenn sie fliehen müssen, aber nie ihre Menschenrechte. Die LWB-Kirchen tragen eine große Verantwortung, durch Verkündigung, Diakonie und Fürsprache an der Seite der Flüchtlinge zu stehen.“

Unter den Resolutionen des Rates findet sich auch ein Aufruf an alle LWB-Mitgliedskirchen, die christliche Präsenz im Nahen Osten zu unterstützen, wo die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land unter schwierigen Umständen das Evangelium verkündet. Die Kirchen wurden dazu aufgefordert, sich an der Umsetzung der Ziele nachhaltiger Entwicklung zu beteiligen, die sich die Vereinten Nationen letztes Jahr gesetzt haben. Die Erzbischöfin der Schwedischen Kirche meinte, öffentliche Erklärungen und andere Aktionen des Rates seien „nicht nur für die Kirche, sondern auch für die Gesellschaft“ bedeutsam.

Wurzeln in Wittenberg

Laut dem Generalsekretär des LWB ermöglichte die diesjährige Ratstagung denjenigen Kirchendelegierten, die zum ersten Mal nach Wittenberg kamen zu spüren, wie „wir in der Reformationsgeschichte verwurzelt sind“. Die verschiedenen Nationalitäten und Sprachen, die im Rat vertreten waren, und die Teilnahme ökumenischer Gäste am Pilgerweg Wittenberg hätten erneut bekräftigt, dass die Bewegung zur Reformation der Kirche, die Luther vor fast 500 Jahren in dieser Stadt in Gang gesetzt habe, globaler und ökumenischer Natur sei.

Junge unterstrich die „starke Energie“, die in der diesjährigen Tagung spürbar gewesen sei, in Erwartung des Gemeinsamen Ökumenischen Reformationsgedenkens mit der katholischen Kirche in Lund, Schweden, sowie der Vollversammlung und des Reformationsjubiläums im nächsten Jahr.

Frauenordination weiterhin ein gemeinsames Ziel

Der Rat sprach auch über schwierige Themen. So äußerte er sich zutiefst betrübt über den Beschluss der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands, künftig nur Männer zu ins Pfarramt zu ordinieren. „Wir haben das Thema angesprochen, und zwar auf respektvolle Weise. Der Rat hat den Standpunkt von fünf aufeinanderfolgenden Vollversammlungen bekräftigt und damit die Frauenordination als ein Ziel des LWB bestätigt. Wir haben die Mitgliedskirchen dazu ermutigt, den Weg in Richtung dieses Ziels weiterzugehen, und dies gemeinsam zu tun“, so Junge.