Kirchen aufgefordert, Gesetze und Vorschriften mitzutragen
GENF (LWI) – Immer mehr Länder weltweit führen Beschränkungen ein, um die Covid-19-Pandemie (Corona-Virus) einzudämmen. Vor diesem Hintergrund haben sich führende Vertreter des Lutherischen Weltbundes (LWB) in einem Schreiben an alle Mitgliedskirchen gewandt. Es erörtert, wie mit diesen beispiellosen Herausforderungen umzugehen ist. Sie stellen fest, dass neue Formen gottesdienstlicher Gemeinschaft gefunden werden müssen, die die zur Eindämmung der Infektionskrankheit erforderliche Kontaktvermeidung sicherstellen.
Im dem vom 19. März datierten Schreiben betonen LWB-Präsident Erzbischof Dr. Panti Filibus Musa und LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge, die Maßnahmen zur Kontaktvermeidung stellten besonders die Kirchen vor eine Herausforderung, da „deren Identität zum Ausdruck kommt in der Versammlung von Menschen in einem gemeinsamen Raum um Wort und Sakramente.“ Sie fragen: „Was sollen wir also tun, da der Leib Christi sich nun nicht an einem gemeinsamen Ort zusammenfinden kann?“
Theologisch-seelsorgliche Überlegungen
Musa und Junge erklären, die von den jeweiligen Behörden „zur Förderung und zum Schutz des Lebens erlassenen“ Vorschriften und Gesetze seien unbedingt zu unterstützen und ihnen sei Folge zu leisten. Die Kirchen seien aufgerufen, „Vorbild zu sein, was die verantwortungsvolle Einhaltung staatlicher Vorgaben angeht.“ Ihnen komme bisweilen zudem „die Aufgabe zu, örtliche und nationale Behörden zur Verschärfung von Reise- und Versammlungsbeschränkungen zu drängen, um so Risikogruppen und ältere Menschen zu schützen.“
Generell verfolge die Kirche das von Mitgefühl motivierte Ziel, Gemeinschaft mit jenen zu schaffen, die krank oder isoliert sind. Aktuell aber diene sie dem Wohl der gefährdeten Nächsten am besten, wenn sie sich nicht versammle.
Weiter heißt es in dem Schreiben, „[w]ir Lutheranerinnen und Lutheraner bekennen uns als durch Gottes Gnade im Glauben Befreite“, die folglich auch frei seien „von religiösen Zwängen.“ Angesichts der weltweiten Pandemie bringe der „Verzicht auf die gottesdienstliche Versammlung an einem gemeinsamen Ort unser Mitgefühl und unsere Solidarität zum Ausdruck“, so die beiden LWB-Entscheidungsträger. „Dies reduziert nicht unseren Gottesdienst, sondern bringt ihn auf eine neue Weise zum Ausdruck. Es reduziert nicht unser Kirchsein, sondern macht uns wahrhaft zur Kirche. Dieses Paradox des Mitfühlens geht Hand in Hand mit der aktuellen Corona-Pandemie.“
Alternative Gemeinschaftserfahrungen
Der Präsident und der Generalsekretär des LWB fordern die LWB-Mitgliedskirchen auf, „sich in diese Ausnahmesituation hineinzugeben im bleibenden Vertrauen auf die Gnadenmittel und die Kraft des Heiligen Geistes“. Sie führen mögliche Alternativen einer „bleibenden Gemeinschaft“ an, etwa Online-Angebote, Radio- und Fernsehübertragungen oder auch die Verteilung von Druckmaterialien an Haushalte, „damit christliche Bildung und Gottesdienst bei den Menschen zu Hause weitergeführt werden.“
Musa und Junge stellen fest, auch wenn derzeit das Teilen von Brot und Wein nicht möglich sei, „tröstet uns das Bewusstsein, dass das Wort ein Gnadenmittel ist, das wir im Gebet, im Gesang, im Lesen und Betrachten des Wortes, im Rufen zu Gott sowie im Gedenken an unsere Gemeinschaft und unsere Nächsten empfangen können.“ Der Heilige Geist sei gegenwärtig, wenn wir Gottes Namen bekennen, auch wenn wir dies alleine tun.
Sie betonen nachdrücklich, der LWB als Gemeinschaft von Kirchen, die im Gottesdienst vereint sind, wisse nur zu gut, „was es bedeutet, geografisch weit voneinander entfernt und doch eng miteinander verbunden zu sein.“ Diese Erfahrung sei allen Mitgliedern eine Kraftquelle. Musa und Junge laden alle Kirchen ein, die vom Büro der LWB-Kirchengemeinschaft auch weiterhin in gedruckter Form und in den sozialen Medien wöchentlich bereitgestellten Gebetstexte zu nutzen.
Angesichts der aktuellen Ausnahmesituation richteten die beiden LWB-Verantwortungsträger abschließend die Aufforderung an die Kirchen, „in der Suche nach neuen Möglichkeiten der Versammlung im Namen Jesu und der Anbetung des dreieinigen Gottes das reformatorische Prinzip der ecclesia semper reformanda (also der in einem kontinuierlichen Reformprozess befindlichen Kirche) praktisch umzusetzen.“