Kirchenpräsident empfiehlt LWB-Publikation als Basis für Dialog
Sao Leopoldo, Brasilien/Genf, 4. April 2016 (LWI) – Der Präsident der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (EKLBB), Pfr. Dr. Nestor Paulo Friedrich, hat zu einem Dialog in Brasilien aufgerufen. Das Land befindet sich derzeit in einer schweren sozialen, politischen und ökonomischen Krise. Die Publikation Vom Konflikt zur Gemeinschaft: Gemeinsames lutherisch-katholisches Reformationsgedenken im Jahr 2017 des Lutherischen Weltbundes (LWB) enthalte Erkenntnisse, die eine solche Diskussion inspirieren könnten, so Friedrich.
In einer Ansprache auf einer Pastorenkonferenz am 29. März, die sich auch an andere KirchenmitarbeiterInnen der Synode Rio dos Sinos der EKLBB, einer LWB-Mitgliedskirche, richtete, sagte Friedrich: „Heute stellen wir neue Forderungen, und eine davon ist der Dialog.“
Die Staatskrise in Brasilien begann mit öffentlichen Protesten im vergangenen Jahr. Die Menschen gingen auf die Strasse, um gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff zu protestieren. Inzwischen fordern die DemonstrantInnen eine Amtsenthebung der Präsidentin. Zudem kämpft das Land, das im August 2016 die Olympischen Sommerspiele ausrichten wird, ebenfalls gegen das von Moskitos übertragene Zika-Virus.
Rio dos Sinos ist eine der 18 regionalen Synoden, aus denen die 700.000 Mitglieder zählende EKLBB besteht. Friedrich bezeichnete das Motto der Kirche für 2016 „Suchet das Gute und nicht das Böse“ (Amos 5,14) in seiner Rede als Ausgangspunk für eine engere Zusammenarbeit, um die Mission der Kirche zu erfüllen und auf die neu entstehenden Forderungen der brasilianischen Gesellschaft einzugehen.
Schützt die Demokratie
Mitte März hat Friedrich eine Erklärung an alle Synoden gesandt und die Pastorinnen und Pastoren ermutigt, nach Möglichkeiten für einen Dialog in einer Demokratie zu suchen, die inzwischen von „unvorhersehbaren und gefährlichen Spaltungstendenzen bedroht wird“.
Friedrich wies darauf hin, dass sich die Demokratie in Brasilien nach einem mühevollen Prozess entwickelt habe, der die Menschen auf dem Wege des Dialogs dazu befähigt habe, gemeinsam etwas zu bewegen. Diese Ergebnisse würden aber zurzeit durch eine Atmosphäre ständig steigender Spannungen bedroht.
Wer sich die Nachrichten im brasilianischen Fernsehen ansehe, bekomme den Eindruck, dass das Land seine Dialogfähigkeit verliere, sagte er. „Werden wir vergessen, was wir unter so vielen Mühen erreicht haben? Sind wir der Chance überdrüssig geworden, in einer Demokratie zu leben, die auf einen nachhaltigen Dialog setzt?”
Seiner Meinung nach könne Vom Konflikt zur Gemeinschaft einen Beitrag dazu leisten, inmitten der Konflikte und Machtkämpfe in einem Land mit 200 Millionen Menschen erneut zu einem Dialog zu finden. „Im sechzehnten Jahrhundert haben sich die katholische und die lutherische Kirche nicht nur ständig missverstanden, sondern ihre Konflikte auch übertrieben und die beteiligten Personen karikiert und der Lächerlichkeit preisgegeben“, fügte Friedrich hinzu.
Vom Konflikt zur Gemeinschaft wurde von der lutherisch/römisch-katholischen Kommission für die Einheit im Auftrag des LWB und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen (PCPCU) veröffentlicht und steht in 12 Sprachen einschliesslich Portugiesisch zur Verfügung. Es ist die erste gemeinsam von der katholischen und lutherischen Kirche vorgenommene Aufarbeitung der Geschichte und der Auswirkungen der Kämpfe für eine Reform der Kirche vor 500 Jahren.
Im Oktober werden der LWB und der Vatikan in Lund, Schweden eine gemeinsame ökumenische Veranstaltung zum Reformationsgedenken durchführen. Der 500. Jahrestag der Reformation ist ebenfalls Anlass, auf 50 Jahre Dialog zwischen lutherischer und katholischer Kirche zurückzublicken.