Bei der letzten ordentlichen Ratstagung in diesem Jahr berichtet die LWB-Generalsekretärin über die Aktivitäten der Kirchengemeinschaft im vergangenen Jahr.
Kirchengemeinschaft bereitet Vollversammlung in Krakau vor
(LWI) – In ihrem Bericht an den Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB), der zur letzten ordentlichen Tagung seiner Amtszeit zusammenkam, hob Generalsekretärin Anne Burghardt die Schwerpunkte und Errungenschaften des vergangenen Jahres hervor. Gleichzeitig laufen in der Kirchengemeinschaft die Vorbereitungen auf ihre Dreizehnte Vollversammlung in Polen.
Sie dankte den scheidenden Ratsmitgliedern für ihren „treuen Dienst“, insbesondere bei der Umstellung auf Online-Aktivitäten während der Pandemie, und rief sie auf, in ihren jeweiligen Kontexten auch „weiterhin Teil des vielfältigen Zeugnisses und Dienstes des LWB zu sein“ und „Botschafterinnen und Botschafter der Kirchengemeinschaft und ihrer Arbeit“ zu bleiben.
Regionale Beziehungen pflegen
Für den LWB als Weltgemeinschaft sei „die Pflege regionaler und überregionaler Beziehungen zwischen den Mitgliedskirchen eine Kernaufgabe“, betonte sie. Die jüngsten regionalen Beratungen der Kirchenleitungen und die Vorversammlungen in Europa, Afrika, Lateinamerika und Asien waren wichtige Schritte, um diese regionalen Beziehungen zu festigen und die wichtigsten Anliegen für die Vollversammlung im Herbst herauszustellen.
Eine weitere Entwicklung zur Stärkung der Beziehungen innerhalb der Kirchengemeinschaft ist der Vorschlag für einen Rahmen gegenseitiger Rechenschaftspflicht. Ein solcher Rahmen regt die Mitgliedskirchen an, sich zu verpflichten, „ihr Verständnis von Einheit zu vertiefen“, so Burghardt. Der LWB hat hierfür einen Berater beauftragt, mit den Kirchenleitungen zusammenarbeiten und bewährte Praxisbeispiele aus anderen christlichen Weltgemeinschaften zu untersuchen.
Ökumenische Partnerschaften stärken
Die Generalsekretärin berichtete über wichtige ökumenische Ereignisse, die im vergangenen Jahr sowohl bilateral als auch auf multilateraler Ebene stattgefunden haben. So gab es ein erstes persönliches Treffen der Internationalen Anglikanisch-Lutherischen Kommission für Einheit und Mission und die Erstellung einer ersten Erklärung des Internationalen Lutherisch-Pfingstkirchlichen Dialogs. Die Erklärung trägt den Titel „Der Geist des Herrn ist auf mir“ und wurde dem Rat zur Annahme vorgelegt.
Im vergangenen Jahr tagte auch die Gemeinsame Lutherisch-Orthodoxe Theologische Kommission in Wittenberg und feierte 40 Jahre des weltweiten Dialogs. Gleichzeitig arbeitet der LWB weiterhin gemeinsam mit dem Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen an der Vorbereitung einer sechsten Phase des Lutherisch-Katholischen Dialogs. Mit Blick auf eine für Dezember geplante Konferenz zum Thema „Religionsfreiheit und Glaube“ wurde gleichzeitig die Zusammenarbeit mit der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen weiter verstärkt.
Auf multilateraler Ebene umfasste die Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) u.a. die Teilnahme an der ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe im vergangenen September, bei der lutherische Gläubige die größte konfessionelle Gruppe stellten, so Burghardt. Die Zusammenarbeit mit dem Globalen Christlichen Forum werde fortgesetzt, wobei der stellvertretende Generalsekretär im Planungsausschuss für das nächste internationale Treffen in Ghana im Jahr 2024 mitwirke. Der LWB war außerdem auf der Konferenz der Generalsekretäre der weltweiten christlichen Gemeinschaften vertreten, die im November in Vancouver (Kanada) tagte.
Bildung, Friedensförderung und diakonische Arbeit
In ihrem Bericht verwies die Generalsekretärin auf die wichtige Arbeit des LWB im Bereich der theologischen Ausbildung und der Entwicklung von Führungskräften, insbesondere zur Förderung von Frauen und jungen Menschen durch Stipendien und andere Initiativen zum Aufbau von Kapazitäten. Unter der Schirmherrschaft einer der mitgliedskirchlichen Fakultäten wird ein Online-Bachelorstudiengang in weltweiter lutherischer Theologie eingerichtet.
Friedensarbeit und interreligiöse Beziehungen waren auch im vergangenen Jahr ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des LWB. So wurde in Genf eine große internationale Konferenz in Zusammenarbeit mit Islamic Relief Worldwide (IRW) und HIAS, dem jüdischen Hilfswerk, das sich um Geflüchtete und Asylsuchende kümmert, veranstaltet. Auch die Ausbildung von jungen Menschen zu Friedensbotschafterinnen und -botschaftern wurde 2022 wiederbelebt und in Genf und Ruanda Teilnehmende aus den verschiedenen LWB-Regionen durchgeführt.
Diakonische Arbeit ist nach wie vor Kernaufgabe der Kirchen weltweit, und der LWB spielt dabei eine unterstützende Rolle. Ende 2022 wurde ein Solidaritätsfonds der Kirchengemeinschaft eingerichtet, um schnelle Hilfe für Menschen zu ermöglichen, die unter den Auswirkungen von Konflikten, Naturkatastrophen, Gefahren im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder ähnlichen Problemen leiden. Burghardt sagte: „Für die positive Resonanz und Unterstützung, die wir seitens unserer Mitgliedskirchen bisher für den Solidaritätsfonds erfahren haben, sind wir sehr dankbar."
Fürsprache und humanitäre Hilfe
Mit Blick auf die Advocacy-Arbeit des LWB sprach die Generalsekretärin über das fortlaufende Engagement bei den Vereinten Nationen in Form von Gremien wie dem Menschenrechtsrat, der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung, der Kommission für die Rechtsstellung der Frau und dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Wichtige Ziele blieben der Einsatz für Geschlechter- und Klimagerechtigkeit, weshalb der LWB u.a. aktiv an der COP27-Konferenz in Ägypten im vergangenen Jahr teilnahm.
Burghardt sprach über die wichtigsten humanitären und entwicklungspolitischen Aktivitäten des LWB im Jahr 2022 und nannte u.a. die anhaltende Hilfe angesichts der Ukraine-Krise, die Bereitstellung von Notunterkünften und Schutz für Menschen, die vor dem Konflikt in der äthiopischen Region Tigray fliehen, sowie eine erste grenzüberschreitende Hilfsaktion in der Krise im Südsudan. Im Südsudan unterzeichnete der LWB eine Absichtserklärung mit der katholischen Diözese Torit, wonach Qualifizierungsmaßnahmen und integrierte humanitäre, Entwicklungs- und Friedensprogramme durchgeführt werden sollen.
Im Tschad, im Südsudan und in Äthiopien haben Mitarbeitende des LWB den jüngsten Ausbruch des Konflikts im Sudan beobachtet und mit der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Unterkünften und sauberem Wasser für Geflüchtete reagiert. Wegen der zunehmenden Gewalt in Haiti wird das gemeinsame LWB-Büro aus der Hauptstadt Port-au-Prince heraus verlegt. In Jerusalem wurde ein neuer Direktor für das Auguste- Viktoria-Krankenhaus im Jahr 2022 ernannt. Im Juli empfing das Zentrum US-Präsident Biden auf dessen Reise nach Israel und Palästina. 2023 leitete Burghardt auch eine Advocacy-Reise zu den Vereinten Nationen in New York, um die weitere Unterstützung des Krankenhauses unter sehr schwierigen Umständen sicherzustellen.
Die Generalsekretärin schloss ihren Rückblick mit dem Hinweis auf die Bemühungen um finanzielle Stabilität angesichts der „hohen Inflation, des Krieges in Europa und der sinkenden Einkommen vieler wichtiger Unterstützerinnen und Unterstützer des LWB“. Zu den wesentlichen Schritten gehören die Gründung der neuen „Ölzweig-Stiftung“ mit Sitz in der Schweiz und die Vorbereitungen des LWB-Weltdienstes für den Einsatz eines neuen Instruments, des so genannten „Development Impact Bond“, in einem der Länderprogramme. Eine bessere Sichtbarkeit des LWB und seine Verankerung in den Diözesen und Gemeinden vor Ort seien entscheidend für seine künftige finanzielle Nachhaltigkeit, sagte sie.
Der LWB-Rat ist das höchste Leitungsgremium des LWB zwischen seinen Vollversammlungen. Er besteht aus dem Präsidenten, dem Vorsitzenden des Finanzausschusses und 48 Mitgliedern aus LWB-Mitgliedskirchen in den sieben Regionen. Das derzeitige Leitungsgremium wurde auf der Zwölften Vollversammlung im Mai 2017 in Windhoek, Namibia, gewählt.