Anlässlich des 75jährigen Bestehens der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erinnert der LWB an sein Vermächtnis und die erneute Verpflichtung all jener, die sich um die Wahrung der unveräußerlichen Rechte und der unverlierbaren Würde jedes einzelnen Menschen bemühen.
75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: Möglichkeiten zur Umsetzung der Grundsätze in die Praxis
(LWI) – Im Rahmen einer Veranstaltung zur Feier des 75. Jahrestags der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bekräftigte die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes, Pfarrerin Dr. Anne Burghardt, die Verpflichtung der globalen Kirchengemeinschaft „die Menschenwürde und den Schutz der Menschenrechte zu verbessern“, insbesondere in Bezug auf die am stärksten marginalisierten Personen und Gemeinden.
Die Erklärung, in der die Rechte und Freiheiten aller Menschen verankert sind, wurde am 10. Dezember 1948 von der UNO-Generalversammlung verabschiedet. Verfasst wurde sie unter anderem von Pfarrer Dr. Frederick Nolde, Dekan der Graduiertenfakultät am Lutherisch-Theologischen Seminar in Philadelphia und ein Wegbereiter der christlichen Menschenrechtsbewegung in den nachfolgenden Jahrzehnten.
In ihrem Vortrag in einem Webinar am 11. Dezember gedachte Burghardt dem Vermächtnis Noldes sowie den „mutigen Taten der Verfechterinnen und Verfechter der Menschenrechte auf der ganzen Welt, darunter auch jene in den LWB-Mitgliedskirchen und unseren ökumenischen und interreligiösen Partnerorganisationen“, die „unerschrocken für Gerechtigkeit eintreten, oftmals zu einem hohen Preis“. Sie erinnerte daran, dass die Allgemeine Erklärung aus „den Schrecken des Zweiten Weltkrieges“ erwachsen ist und als ein zentrales internationales Rechtsinstrument dient, mit dem Regierungen an ihre Pflicht zum Schutz und zur Wahrung der Menschenrechte aller ihrer Bürgerinnen und Bürger ermahnt werden.
Von den Graswurzeln zur nationalen und globalen Ebene
Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedskirchen und LWB-Länderprogramme aus verschiedenen Teilen der Welt tauschten sich darüber aus, auf welche Weise das Rahmenkonzept der Menschenrechte ihre Arbeit in den marginalisierten Gemeinden heutzutage voranbringt. Dr. Bijaya Bajracharya, Direktorin von LWB Nepal, brachte Beispiele von der Advocacy-Arbeit zugunsten der Dalits und anderer Menschen, die noch immer unter den Folgen des von der Regierung verbotenen Schuldknechtschaftssystems leiden. Sie beleuchtete den Erfolg des LWB-Programms zur transformativen Selbstbefähigung, das es mehr als 225 Menschen aus der Gruppe der niederen Kasten ermöglicht hat, an örtlichen Wahlen und anderen Entscheidungsfindungsprozessen teilzunehmen.
Aus der afrikanischen Perspektive sprach Florence Bua, eine sudanesische Geflüchtete, die als Sekretärin des Flüchtlingshilferats für Frauenangelegenheiten in Uganda arbeitet. Sie wurde durch die Kenntnis und das Begreifen der Menschenrechte ermächtigt, ihre Ansichten zu äußern und entscheidende Dienste, wie Gesundheitsfürsorge und Bildung, in Anspruch zu nehmen. Auch konnte sie dadurch die erforderlichen Dokumente für eine Ausreise aus dem Land beschaffen. Vorher habe sie im Gegensatz dazu geglaubt, als Flüchtling sei sie darauf beschränkt, im Flüchtlingsumsiedlungslager zu leben.
Pastorin Amy Reumann, leitende Direktorin für Fürsprache bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika, bezeichnete die Menschenrechte als den „Kern unseres Verständnisses, was es heißt, christlich und lutherisch zu sein“. Außerdem sprach sie von „der speziellen Aufforderung bzw. dem speziellen Mandat“ für die Menschen lutherischen Glaubens in Amerika, aufbauend auf Dr. Noldes Vermächtnis die Menschenrechte zu fördern und Staatsoberhäupter hinsichtlich ihrer Verpflichtungen zur Verantwortung zu ziehen.
Syamtel Madjadoum, technischer Advocacy-Berater bei LWB Tschad und Projektleiter für deren auf den Rechten basierendem Ansatz, zeigte anhand von Beispielen, wie die Bedürfnisse örtlicher Gemeinden in seinem Land durch den Mechanismus des Allgemeinen Periodischen Überprüfungsverfahrens der Vereinten Nationen auf eine internationale Ebene gebracht wurden. Er sprach über die verschiedenen Probleme, auf welche die Regierung durch diesen Prozess aufmerksam gemacht wurde, wie zum Beispiel die Rechte von Frauen und Kindern, die anhaltende Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung, die Recht von Geflüchteten sowie die bürgerlichen und politischen Rechte der Menschen in seinem Land.
Ein Glaubensimperativ, Teil unserer DNS
Mitglieder der LWB-Teams Action for Justice (Handeln für Gerechtigkeit) sowie Vertreterinnen und Vertreter von Lutheran Office for World Community (Lutherisches Büro für Weltgemeinschaft) in New York berichteten, auf welch unterschiedliche Weise sie die Arbeit der Mitgliedskirchen und Länderprogramme unterstützen und unterstrichen dabei, dass der LWB sich seit Beginn der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechtsagenda verpflichtet gefühlt habe. Isaiah Toroitich, Leiter für globale Advocacy-Arbeit des LWB, betonte, die Menschenrechte seien „ein Glaubensimperativ, Teil unserer DNS“, das über die Schwerpunktthemen Geschlechtergerechtigkeit, Frieden und Versöhnung, die Bekämpfung der Klimakrise oder in der Arbeit mit Vertriebenen und Menschen mit Behinderungen umgesetzt werde.
Christine Mangale, Leiterin des Lutheran Office for World Community (Lutherisches Büro für Weltgemeinschaft), sprach darüber, wie ihr Büro Räume für Menschenrechtsverfechterinnen und -verfechter in verschiedenen Ländern einrichten könne, um sich dort mit Regierungsdelegationen bei den Vereinten Nationen in New York zu treffen und zu engagieren. Sie sagte: „Wir begehen diesen Jahrestag unter schwierigen Bedingungen“, denn der Raum, in denen die Stimmen aus der Zivilgesellschaft Gehör finden, schrumpfe und die Menschenrechte müssten in vielen Gebieten Rückschläge hinnehmen. Sie wies darauf hin, dass laut jüngsten Statistiken lediglich 15 Prozent der Nachhaltigkeitsziele die Zielvorgaben bis zum Jahresende erfüllen könnten, was die Arbeit dringlicher mache als je zuvor.
Zum Abschluss fragte Naomi Mbise, eine junge Frau aus Tansania, die derzeit bei LOWC arbeitet: „Wie werden die nächsten 75 Jahre aussehen?“ Sie äußerte die Hoffnung, dass „wir nicht abstumpfen gegenüber Menschenrechtsverletzungen“, von denen Menschen in Ländern auf der ganzen Welt nach wie vor heimgesucht werden. Stattdessen, so sagte sie, „brauchen wir Mut“ und „die Absicht, unsere Sichtweisen an den sich ständig wandelnden Bedürfnissen der Gemeinden, in denen wir tätig sind, auszurichten.“