LWB-Äthopien: Flüchtlingslager„vollkommen überlastet“

25. Apr. 2014
Ein südsudanesiches Mädchem im Flüchlingslager Lietchor in Gambella, im westlichen Äthopien. Foto: Christof Krackhardt/ACT/Diakonie Katastrophenhilfe

Ein südsudanesiches Mädchem im Flüchlingslager Lietchor in Gambella, im westlichen Äthopien. Foto: Christof Krackhardt/ACT/Diakonie Katastrophenhilfe

Unzureichende Finanzierung verschlimmert die Situation für über 90.000 SüdsudanesInnen

(LWI) – Die 13jährige Panum erreichte Äthopiens westliche Region Gambella zusammen mit ihrer älteren Schwester Nyamoun. „Unser Vater wurde im Krieg getötet und unsere Mutter ist in Juba. Wir haben seit mehreren Wochen keinen Kontakt mehr zu ihr und sie weiss nicht, dass wir hier in Sicherheit sind. Wir wissen nicht, wann wir sie wiedersehen werden oder wie wir sie kontaktieren könnten“, sagt die jüngere der beiden Schwestern.

In einem anderen Teil des Flüchtlingslagers Lietchor in Gambella berichtet Marie, eine stillende Mutter mit fünf Kindern, dass sie im achten Monat ihrer Schwangerschaft war, als sie von zuhause fliehen mussten. Ihr Ehemann und ihr ältester Sohn beschlossen, in der Heimat zu bleiben. „Nahrungsmittel sind knapp und reichen nicht für uns alle. Es ist schwierig, über die Runden zu kommen, aber wir sind froh, am Leben zu sein“, erzählt sie.

Im Flüchtlingslager Lietchor stellt der Lutherische Weltbund (LWB) weiterhin einen Teil der Grundversorgung sicher, einschliesslich Wasser, sanitäre Anlagen und Hygieneausstattung (WASH), aber der wachsende Zustrom an Flüchtlingen und die geringe finanzielle Unterstützung in der Krise im Südsudan bereiten grosse Probleme. „Mit bis zu 1.000 Neuankömmlingen am Tag sind die Möglichkeiten zur Umsiedlung [in andere Gebiete und Flüchtlingslager] ausgeschöpft und die Flüchtlingslager vollkommen überlastet“, sagt Sophie Gebreyes, Vertreterin des Programms de LWB-Abteilung für Weltdienst in Äthopien.

Laut dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) ist die Zahl der SüdsudanesInnen, die bis zum 15. April nach Äthiopien geflohen waren, auf über 95.000 gestiegen. Der Grossteil (über 90 Prozent) sind Frauen und Kinder.

Die meisten SüdsudanesInnen erreichen Äthopien über Matar, Pagak und Akobo, nachdem sie Wochen lang zu Fuss unterwegs waren und den Grenzfluss zwischen den beiden Ländern durchschwimmen mussten. „Sie kommen in einem immer schlimmeren Zustand an, da sie seit längerer Zeit vor der Gewalt auf der Flucht sind und auf ihrem Weg nur von Gräsern, wilden Beeren und Blättern gelebt haben“, erklärt Gebreyes.

Grossteil der Kinder ist unterernährt

Gebreyes wiederholt den Spendenaufruf des LWB und anderer Mitglieder des ACT-Bündnisses in Äthopien und betont, dass mehr finanzielle Unterstützung notwendig sei, um die lebensrettende Hilfe leisten zu können. „Der alarmierend hohe Anteil an unterernährten Kinder, die darauf warten, in [andere] Flüchtlingslager umgesiedelt zu werden, ist ein Zeichen für die sich rapide verschlimmernden humanitäre Situation innerhalb und jenseits der Grenzen des Südsudan“, fügt sie hinzu.

Aufgrund der sich abzeichnenden Hungersnot, wird ein starker Anstieg der Vertreibung und Flucht erwartet. Im Flüchtlingslager Lietchor, in dem der LWB als die führende Organisation bei WASH fungiert, hat die Anzahl der Menschen mit 38.000 registrierten Flüchtlingen bis Mitte April die Grenzen der Kapazität von 20.000 längst überschritten.

Der LWB hat die Bohrung zweier Brunnen für die Notversorgung mit Wasser abgeschlossen. Derzeit werden Grubenlatrinen gebaut und als Reaktion auf die wachsende Sorge, dass es aufgrund von Defäkation ausserhalb der sanitären Anlagen vermehrt zu Krankheitsausbrüchen komme und dies durch die Regenzeit noch beschleunigt würde, wird eine gross angelegte Kampagne zum Thema Hygiene geführt.

Ungewissheit über Rückkehr

Viele der Flüchtlinge wissen nicht, wann sie nach Hause zurrückkehren können. Duang Mar (39) der mit einigen seiner Familienangehörigen nach Äthopien kam, sagt, dass er die Entscheidung, wann er zurückgehen kann, „nicht überstürzen werde“, da es keine Garantie dafür gibt, dass die Kampfhandlungen aufgehört haben. Bevor die Kämpfe im letzten Dezember ausbrachen, arbeitete er als Verwaltungsbeamter im Bezirk Malakal.

Seit die Gewalt im Südsudan begonnen hat, sind mehr als eine Million Menschen vertrieben worden, von denen rund 300.000 in die Nachbarländer geflohen sind. Ein im Februar gestarteter Aufruf des ACT-Bündnisses für 3,5 Millionnen US-Dollar Hilfsgelder für Äthopien hat bisher nur etwa zehn Prozent der benötigten Summe eingebracht. Im März hat das UNHCR einen organisationenübergreifenden Spendenaufruf für 370 Millionen US-Dollar Hilfsgelder im Namen von 24 Organisationen gestartet, darunter auch der LWB. Mit diesen Geldern soll auch den südsudanesischen Flüchtlingen in Kenia und Uganda Nothilfe geleistet werden.

„Wenn keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, ist das Leben und die Gesundheit der Flüchtlinge enorm gefährdet“, fügt Gebreyes hinzu.