Liberianischer Bischof Seyenkulo: „Potenzial, unsere Welt zum Besseren zu verändern“
Monrovia, Liberia/Genf (LWI) – Die Lutherische Kirche in Liberia (LKL) hat jüngst die Kampagne „Donnerstags in Schwarz“ (Thursdays in Black) eröffnet und aus diesem Anlass öffentlich dazu aufgerufen, der Gewalt gegen Frauen und Mädchen aktiv entgegenzutreten. Die Kampagne mache zudem deutlich, dass es nicht nur um körperliche Gewalt gehe. „Sie kann verbal, psychisch, ökonomisch sein. Sie kann das Umfeld betreffen“, erläuterte Pfarrerin Janice Fajue Gonoe.
Eröffnung der „Donnerstags in Schwarz“- Kampagne: Frauen aus der Lutherischen Kirche in Liberia demonstrieren gegen Gewalt.
Gonoe ist Direktorin des HIV und AIDS-Programms der LKL. Gemeinsam mit 600 Personen aus allen Generationen und Gesellschaftsschichten demonstrierte sie am 8. November in Monrovia, der Hauptstadt Liberias, gegen sexuelle Gewalt. Die lutherische Kirche machte ihre Beteiligung an der globalen Kampagne „Donnerstags in Schwarz“ öffentlich, um in der Gesellschaft insgesamt das Bewusstsein für die Problematik zu wecken und alle Menschen in Liberia zum Engagement anzuregen.
Die Demonstration führte die Teilnehmenden zur St Peter’s Lutheran Church, einem Ort von hoher Symbolkraft, wo am 29. Juli 1990, auf dem Höhepunkt des von 1989 bis 2003 dauernden Bürgerkriegs, 600 Personen aus der Zivilbevölkerung einem Massaker zum Opfer fielen. Die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften in Liberia gelten als die gesellschaftliche Kraft, die bei der Beendigung des Konflikts sowie bei Friedensarbeit und Versöhnung eine federführende Rolle spielten.
Pfarrerinnen und Pfarrer der Lutherischen Kirche in Liberia beteiligen sich an der Demonstration, die an der University of Liberia startete und zur St Peter’s Lutheran Church führte.
Den Demonstrationszug führte Dr. Jensen Seyenkulo, der Bischof der Kirche, an. Hierbei positionierte sich die LKL gegen sämtliche Formen von Gewalt und erklärte sich mit den Betroffenen solidarisch. Im Rahmen der Veranstaltung schlossen sich 300 Frauen des Monrovia District der Women of the LCL Convention offiziell der Bewegung an, die damit inzwischen von fast 1.000 Menschen getragen wird.
In seiner Ansprache anlässlich der Kampagneneröffnung erklärte Seyenkulo, er habe die „Donnerstags in Schwarz“-Kampagne über seine Arbeit mit dem Lutherischen Weltbund (LWB) und dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) kennengelernt. „Dass wir uns einer globalen Bewegung von Brüdern und Schwestern in Glauben aus aller Welt anschließen, macht besonders deutlich, dass Gewalt ein weltweites Problem darstellt“, betonte der Bischof.
Die Kampagne „Donnerstags in Schwarz“ steht unter dem Leitwort „Unterwegs zu einer Welt ohne Vergewaltigung und Gewalt“. Der LWB, der seinerseits ein Grundsatzpapier zum Thema Gendergerechtigkeit vorgelegt hat, unterstützt diese Kampagne. Sie entstand aus der Dekade der Kirchen in Solidarität mit den Frauen (1988 – 1998) des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und protestiert gegen Vergewaltigung und Gewalt, insbesondere im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Angehörige von Mitgliedskirchen und Mitarbeitende beider Organisationen sind aufgerufen, sich donnerstags schwarz zu kleiden und so ihre persönliche Unterstützung für weltweite Gendergerechtigkeit zum Ausdruck zu bringen.
Pfarrerin Janice Fajue Gonoe, Direktorin des HIV und AIDS-Programms der LKL, und Bischof Dr Jensen Seyenkulo, bei der Eröffnung der „Donnerstags in Schwarz“- Kampagne in Monrovia (Liberia).
Wirksame Kampagne
LWB-Ratsmitglied Seyenkulo erinnerte daran, dass er, als er zu Hause bei der LKL von der Bewegung berichtete, auf spontane Unterstützung stieß. Seither findet im Kirchenamt jeden Donnerstag ein Gottesdienst statt, in dessen Anschluss diskutiert wird, wie der Gewalt gegen Frauen und Mädchen ein Ende gesetzt und Solidarität geübt werden kann.
Die Erfahrung aus diesen Donnerstagen bei der LKL verändert Menschen. Eine Stimme aus den Reihen der Geistlichen: „Ich gebe Gott dafür die Ehre, dass ich Teil dieser Kampagne bin. Früher galt Gewalt in unserer Gesellschaft als Lebensstil. Wir sagten, die Frau ist die Frau und der Mann ist der Mann und was immer der Mann sagt, das gilt, einschließlich von Gewalt. Das war auch mein eigener Ansatz für die Eheberatung. Meine Lernerfahrung aus dieser Arbeit in der LKL hat mir ein anderes Verständnis vermittelt. Ich habe erkannt, dass alle gleich sind und auch so behandelt werden müssen.“
Das Traumaheilungs- und Versöhnungsprogramm der LKL setzt sich seit Jahren für die Überwindung von Gewalt ein. „Donnerstags in Schwarz“ seinerseits bietet darüber hinaus ganz konkrete Schritte gegen Gewalt an. Die Kirche arbeitet mit weiteren Partnern vor Ort, wie dem Liberianischen Kirchenrat, dem interreligiösen Rat des Landes und dem Civil Peace Service Network (Ziviler Friedensdienst) zusammen.
Nach Informationen des liberianischen Ministeriums für Genderfragen, Kinder und soziale Sicherheit wurden im Jahr 2017 über 890 Fälle von sexueller und geschlechtsbezogener Gewalt zur Anzeige gebracht, in 506 Fällen handelte es sich um Vergewaltigung, bei 475 Fällen waren Kinder betroffen. Nach wie vor wird die Problematik in der Gesellschaft eher nicht thematisiert und vielfach kommen Übergriffe nicht zur Anzeige. Doch das Bewusstsein und die Bereitschaft, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, nehmen zu.
Seyenkulo schloss: „Die ‚Donnerstags in Schwarz‘-Kampagne bietet eine einfache aber sehr wirksame Möglichkeit, etwas zu tun, das das Potenzial hat, unsere Welt zum Besseren zu verändern. Wir erhoffen uns, dass diese Kampagne einen Beitrag dazu leistet, die Würde der geliebten Kinder Gottes wiederherzustellen.“
Ein Beitrag von Linda Johnson Seyenkulo, Pfarrerin der LKL, redigiert und übersetzt durch das LWB-Kommunikationsbüro.