Bekenntnisse auf lebensspendende Art lesen

9. Aug. 2013
Pfr. Prof. Dr. Timothy Wengert, Mitglied der LWB-Arbeitsgruppe. Foto: Ivo Huber

Pfr. Prof. Dr. Timothy Wengert, Mitglied der LWB-Arbeitsgruppe. Foto: Ivo Huber

(LWI) – Die Versöhnung zwischen LutheranerInnen und MennonitInnen, die von der Elften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) angestossen wurde, hat die zwei Glaubenstraditionen beim Thema Frieden näher zusammengebracht, sagt der Vorsitzende der LWB-Arbeitsgruppe zum Versöhnungsprozess mit den MennonitInnen, Pfr. Michael Martin.

„In Deutschland können wir beim Thema Friedensethik eine Annäherung zwischen mennonitischen und lutherischen Christinnen und Christen feststellen“, erklärte Pfr. Martin, der auch Leiter der Abteilung „Ökumene und Kirchliches Leben“ der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist, gegenüber der Arbeitsgruppe, die vom 20. bis 24. Juli in Goshen im US-Bundesstaat Indiana tagte.

Das Treffen, das Teil des andauernden Versöhnungsprozesses von LWB und der Mennonitischen Weltkonferenz (MWK) ist, beschäftigte sich schwerpunktmässig mit der Bedeutung der aus dem 16. Jahrhundert stammenden lutherischen Bekenntnisschriften für das 21. Jahrhundert, insbesondere jene, die eine historische Feindseligkeit gegenüber den TäuferInnen, die die MennonitInnen als ihre Vorgänger ansehen, zum Ausdruck bringen.

Im Rahmen offener und freundlicher Gespräche, die auch einen Beitrag von Prof. Dr. John Roth, einem mennonitischen Berater vom Goshen College, umfassten, erörterte die Arbeitsgruppe, wie gegenseitige Aussöhnung im Lichte der frühen lutherischen Lehre über TäuferInnen erreicht werden kann.

Mit der „Beschlussfassung zum Erbe der lutherischen Verfolgung von Täuferinnen und Täufern“ der LWB-Vollversammlung 2010, bat der LWB um Vergebung für die Verfolgung der TäuferInnen durch lutherische ChristInnen im 16. Jahrhundert, für das Unwissen, das bis zum heutigen Tag darüber herrscht, und für die unzutreffenden und verletzenden Darstellungen der TäuferInnen und MennonitInnen, die lutherische AutorInnen verbreitet haben. Die Vollversammlung betete für eine Heilung der Erinnerungen und für die Versöhnung zwischen lutherischen und mennonitischen Schwestern und Brüdern. Die Arbeitsgruppe sucht nach Wegen, die Versprechen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene einzulösen, insbesondere angesichts des 500-jährigen Reformationsjubiläums, das 2017 gefeiert wird.

Pfr. Prof. Dr. Timothy Wengert vom lutherischen theologischen Seminars in Philadelphia und Mitglied der Arbeitsgruppe, wies darauf hin, dass den lutherischen Bekenntnissen nach der Bitte um Vergebung eine neue Bedeutung zukomme.

„Die Lutheraner und Lutheranerinnen sind eingeladen darüber nachzudenken, wie sie ihre wichtigste Bekenntnisschrift, das Augsburger Bekenntnis, auf eine neue lebensspendende Art lesen können, und sie sind herausgefordert, von der Mennonitischen Weltkonferenz mehr von den Gaben, die Gott dieser Gemeinschaft anvertraut hat, anzunehmen.“

Ein Themenbereich, bei dem historisch schon immer unterschiedliche Meinungen vertreten wurden, ist die Frage der Zusammenarbeit mit dem Staat. Die Arbeitsgruppe betonte jedoch, dass die zwei Glaubenstraditionen die gemeinsame Aufgabe haben, Verantwortung für die Armen zu übernehmen, sich für eine gerechte Zusammenarbeit einzusetzen und Frieden zu schaffen und zu erhalten.

Die Möglichkeiten sich in Goshen mit MennonitInnen und Mitgliedern der Amisch zu treffen und mit ihnen Gottesdienst zu feiern half dabei, die Aufgabe der Ressourcenverteilung für die LWB-Mitgliedskirchen in deren Beziehung zu den MennonitInnen zu klären, sagte Wengert.

Pfarrerin Anne Burghardt, Referentin für ökumenische Beziehungen in der LWB-Abteilung für Theologie und Öffentliches Zeugnis (ATÖZ), ergänzte: „Wir waren alle sehr beeindruckt vom tiefen Gemeinschaftssinn, den sich die Amisch erhalten haben, und von der tief verwurzelten Friedensethik der Amisch und der Mennonitinnen und Mennoniten.“

Die Arbeitsgruppe unterstrich, dass der Versöhnungsprozess mit den MennonitInnen fortgesetzt werde und dass sie nach Möglichkeiten Ausschau halte, wie dies in die Ausbildung der PfarrerInnen im LWB integriert werden kann und wie Basisbewegungen für Versöhnung, insbesondere während des Reformationsjubiläums 2017, möglich gemacht werden können.

LWF Communication