
Pfarrerin Rachel Doumbaye. Foto: Privat
Pfarrerin Rachel Doumbaye über ihren Weg in der Evangelisch-Lutherischen Kirche der Zentralafrikanischen Republik
(LWI) – Pfarrerin Rachel Doumbaye wurde als Kind einer christlichen Familie in Baboua im Westen der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) unweit der Grenze zu Kamerun geboren. Ihre Eltern gehörten zu den ersten Menschen, die sich von der amerikanischen lutherischen Mission dort haben taufen lassen.
2002 wurde sie – zehn Jahre nachdem die Bibelschule in Baboua begonnen hatte, neben Männern auch Frauen zuzulassen, – zur ersten Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche der Zentralafrikanischen Republik (ELKZAR) ordiniert.
Seither hat sie viele verschiedene wichtige Funktionen in der Kirche und im Bildungssektor, aber auch als Präsidentin einer Synodalregion und als Vizepräsidentin der ELKZAR innegehabt. Mit dem Regionalreferenten für die Region Afrika des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfr. Dr. Samuel Dawai, hat sie über ihr Leben und ihren persönlichen Glaubensweg gesprochen.
Wie sah Ihre Kindheit aus?
Meine Eltern haben mir schon in meiner Kindheit den praktischen Dienst an unseren Nächsten vorgelebt. Mein Vater war lange Jahre im Gemeinderat und Schatzmeister unserer Gemeinde und meine Mutter war Diakonin. Sie hat sich um die Instandhaltung der Kirche gekümmert, hat Küsterdienste im Gottesdienst geleistet und bei Veranstaltungen der Kirche Essen ausgegeben.
Jeden Abend haben wir in der Familie eine Familienandacht abgehalten, bei der uns Geschichten aus der Bibel erzählt wurden und wir zusammen gebetet haben. In unserer Gemeinde fand jeden Sonntagvormittag zudem ein Kindergottesdienst statt, bei dem ebenfalls Geschichten aus der Bibel erzählt wurden. Ich war also von klein auf an ein sehr religiös geprägtes Leben gewöhnt, und wir haben jeden Tag Geschichten aus der Bibel gehört und gebetet. Das hat mich auf gewisse Art und Weise sehr gut auf ein Vollzeit-Engagement für Gott als Pastorin vorbereitet.
Mögen Sie uns etwas über Ihr Studium und Ihr Familienleben erzählen?
Ich habe die Grund- und die weiterführende Schule abgeschlossen. Dann habe ich geheiratet, aber ein tragischer Vorfall hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Nach sieben Jahren Ehe ist mein Mann gestorben und ich war mit unseren vier Kindern allein. Weil die traditionelle afrikanische Kultur noch stark ausgeprägt war, haben meine Schwiegereltern alles genommen, was mein Mann und ich besessen hatten, und wollten mir sogar die Kinder wegnehmen, wogegen ich mich aber entschieden gewehrt habe. Ich musste mit meinen vier Kindern und vollkommen mittellos also wieder bei meinen Eltern einziehen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Pastorin zu werden?
Als verheiratete Frau habe ich nicht gearbeitet, aber als junge Witwe musste ich ja meine Kinder versorgen. Meine erste Idee war, mich im Gesundheitswesen ausbilden zu lassen, aber ein Beschluss meiner Kirche hat alles verändert. 1992 hat die ELKZAR beschlossen, die Türen der Bibelschule in Baboua auch für Frauen zu öffnen. Weil das meine Heimatstadt ist, wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin, habe ich keinen Moment gezögert und beschlossen, mich einzuschreiben.
Ich habe in der Bibelschule und mit der Versorgung meiner Kinder ein ziemlich straffes Programm durchgezogen. 1994 hat meine Kirche dann einen weiteren Beschluss gefasst und Frauen auch zum Theologiestudium zugelassen. Aufgrund meiner guten Leistungen an der Bibelschule wurde ich ermutigt, mich auch dafür einzuschreiben. Ich war daher eine der ersten Frauen, die sowohl an der Bibelschule als auch am Theologie-Seminar eingeschrieben wurden.
Wie haben Ihre Familie und Ihre Freunde auf diese Entscheidung reagiert?
Meine Eltern hatten keine Einwände, als ich beschloss, mich erst an der Bibelschule und dann am Theologie-Seminar einzuschreiben. Vor allem meine Mutter hat sich sehr gefreut, dass eine ihre Töchter die Bibel studieren wollte, um Gott dienen zu können.
Wie ging Ihr Weg in der Kirche dann weiter?
1998 habe ich mein Theologie-Studium abgeschlossen und mein erster Job war am Theologie-Seminar selbst: Die Kirche übertrug mir die Aufgabe, die Ehefrauen der Studierenden auszubilden. Ich habe Bibelkurse unterrichtet, ihnen nähen und andere Fächer beigebracht, die für sie wichtig waren. Dann wurde ich Lehrkraft an der Bibelschule und unterrichtete Katechistinnen und Katechisten und Predigerinnen und Prediger. Ich habe aber nicht nur unterrichtet, sondern war auch für die Leitung der Bibelschule zuständig.
Später war ich Finanzdirektorin der ELKZAR-Schulen, für die Jugendzentren der Kirche zuständig, war Präsidentin einer Synodalregion und Vizepräsidentin der Kirche. Auch heute unterrichte ich immer noch am Theologie-Seminar und an der Bibelschule und bilde Pfarrpersonen und Katechistinnen und Katechisten aus.
Was ist Ihre Rolle als Präsidentin der Synodalregion?
Ich bin 2008 in einer sehr schwierigen Zeit, die von politischen Unruhen und einer schwierigen Sicherheitslage in meinem Heimatland geprägt war, zur Präsidentin der Synodalregion Mitte-Ost gewählt wurden. In der Region lief es nicht sehr gut und keine andere Pfarrperson wollte diese Rolle übernehmen. Die Leitung unserer Kirche schickt Menschen, die sich mit mir treffen und fragen wollten, ob ich die Leitung der Kirche dort übernehmen würde. Ich leitete damals das Jugendzentrum in Bouar, aber willigte ein, mich zur Wahl zu stellen.
In meiner Amtszeit von 2008 bis 2014 habe ich mich meinen Aufgaben mit großem Engagement gewidmet, habe Kirchen besucht und selbst in einer Zeit sehr großer Unsicherheit regelmäßig Treffen veranstaltet. Ich habe in meiner Amtszeit sogar neue Pfarrpersonen ordiniert und der Region damit geholfen, wieder aufzublühen. Aber ich war auch mit vielen Herausforderungen konfrontiert, insbesondere in Bezug auf die unsichere Gesamtlage.
Ich habe im gleichen Viertel wie Rebellen gewohnt und einmal wurden einige meiner Begleitpersonen und ich auf einer Reise, die ich als Präsidentin der Region Mitte-Ost unternommen habe, für ein paar Stunden als Geiseln genommen, wurden im Regen festgehalten und komplett ausgeraubt. Gott sei Dank bin ich unverletzt entkommen. Eine weitere Herausforderung war, dass die Leitung der Synodalregion Mitte-Ost mit keinerlei Entlohnung einherging; ich musste das wenige Geld, das ich privat besaß, für meine Reisen ausgeben.
Aufgrund dieser Erfahrungen wurde ich 2015 für das Vizepräsidentenamt der Kirche nominiert und auch gewählt. Was mir in meinen zwei Amtszeiten deutlich positiv aufgefallen ist, war die Akzeptanz der Menschen in der Kirche. Mir wurde immer Respekt entgegengebracht und ich wurde immer als Führungsperson anerkannt, das hat mir Kraft gegeben, noch mehr zu geben.
Was gibt Ihnen Kraft?
Ich schöpfe Kraft aus meinem innigen Verhältnis zu Gott, aber ich bin auch ein sehr kontaktfreudiger Menschen und begegnen allen Menschen immer sehr offen. Dadurch kann ich mit vielen Menschen gut zusammenarbeiten, auch mit katholischen, baptistischen und anderen christlichen Frauen. Ich habe mich auch im interreligiösen Dialog engagiert, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen jungen christlichen und jungen muslimischen Gläubigen sowie zwischen christlichen und muslimischen Frauen in meinem Land zu fördern. In diesen Bemühungen um Friedenskonsolidierung und soziale Aussöhnung haben mich auch viele Partner unterstützt.
Was sagen Sie jungen Mädchen, die Sie bewundern und zu Ihnen aufschauen?
Ich habe schon eine Reihe Mädchen zum Theologie-Studium ermutigt, und ich freue mich sehr, dass einige von ihnen inzwischen ordiniert wurden und als Pfarrerinnen tätig sind. Aber viele Mädchen zögern, Theologie zu studieren, weil sie, wie sagen, sehen, dass ich sehr viel arbeite, aber dafür kein gutes Gehalt bekomme, und das ist natürlich nicht förderlich. Andere sagen, die fehlende Unterstützung während des Theologie-Studiums sei der Grund, warum sie sich nicht einschreiben.
Was macht Sie glücklich?
Ich danke Gott, denn die Synode der Kirche hat im April 2025 einen Nachfolger für mich im Amt der Vizepräsidentin gewählt und mich damit aus diesem Amt entlassen. Meine zehnjährige Amtszeit an der Spitze der Kirche war genau wie die der Präsidenten zu Ende gegangen. Ich bin sehr glücklich, weil Gott bei diesem Wirken immer bei mir war, und es mir trotz sehr geringer finanzieller Mittel möglich gewesen ist, meine Familie zu versorgen und meine Kinder großzuziehen.