
Tomas und Luis, Warao-Fischer in Wakajara de la Horqueta. Foto: LWB Kolumbien-Venezuela
LWB unterstützt indigene Gemeinschaften im Orinoko-Delta mit humanitärer Hilfe.
(LWI) – In einer der abgelegensten und strukturschwächsten Regionen Venezuelas leistet der Lutherische Weltbund (LWB) humanitäre Hilfe für marginalisierte indigene Gemeinschaften im Bundesstaat Delta Amacuro, der Heimat des Volkes der Warao. Der LWB sorgt für Lebensmittel, Bildung, Schutz und Existenzhilfen für diese Flussgemeinschaften, die in enger Verbundenheit mit ihrer Umwelt ein reiches kulturelles Erbe leben, aber auch mit extremer Isolation, verschmutzten Wasserressourcen, begrenztem Zugang zu staatlichen Leistungen und einer existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel zurechtkommen müssen.
Venezuela erlebt zurzeit eine schwere Krise aufgrund der politischen Instabilität im Land, des wirtschaftlichen Niedergangs und der extremen Verknappung wichtiger Ressourcen wie Lebensmittel, medizinische Versorgung und Elektrizität. Diese Herausforderungen haben dazu geführt, dass sich bereits mehr als neun Millionen Menschen gezwungen sahen, ihr Land zu verlassen. Diejenigen, die geblieben sind, brauchen dringend humanitäre Hilfe – und dazu gehören auch die indigenen Gemeinschaften im Orinoko-Delta.
Sichere Mahlzeiten, sichere Lebensgrundlagen
Die Warao sind eine indigene Gemeinschaft, die im Orinoko-Delta lebt. Siedlungen wie Pepeina, Winamorena und Wakajara de la Horqueta sind nur mit dem Boot und nach oftmals 12 Stunden dauernden Fahrten zu erreichen. Die Dörfer kämpfen mit regelmäßigen Überschwemmungen in der Regenzeit und verschmutztem Trinkwasser und haben nur einen eingeschränkten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Viele Mitglieder der Gemeinschaften haben keinen formellen Ausweis, so dass sie keine öffentlichen Dienste in Anspruch nehmen können.
Das LWB-Team hat von Anfang an lokale Führungspersönlichkeiten mit einbezogen und seine Arbeit auf die wichtigsten Problemfelder der Gemeinschaften ausgerichtet. Ein auf Rechten basierender Handlungsansatz legt viel Wert auf Respekt vor Hierarchien und kultureller Identität innerhalb der Gemeinschaften.
„Sie sind gekommen, als die Hungersnot am schlimmsten war. Was Sie uns gegeben haben, hat uns wirklich geholfen“, sagt Dina Garcia, eines der Mitglieder der Warao. „Sie haben uns gezeigt, wie wir selbst handwerkliche Produkte, Windeln und Seife herstellen können. Wir haben das zu schätzen gewusst, und die Ergebnisse waren für alle positiv.“
Sie sind gekommen, als die Hungersnot am schlimmsten war. Was Sie uns gegeben haben, hat uns wirklich geholfen.
Dina GARCIA, Warao Gemeinschaft
Da das Programm im Rahmen starker Partnerschaften mit den lokalen Gemeinschaften immer weitere Kreise zog, gehörten zu den Unterstützungsprojekten bald auch Reparaturen der Infrastrukturen, solarbetriebene Beleuchtungsanlagen und die Einrichtung sicherer Räume, in denen Kinder lernen, spielen und psychosoziale Hilfe in einem Umfeld erhalten, das ihre kulturelle Identität respektiert. Der LWB und seine Partner vor Ort haben dort ebenfalls einen Beitrag zum Aufbau von Frühwarnsystemen geleistet, damit sich die Gemeinschaft besser auf die nächste Überflutung vorbereiten kann.
Um den Umgang mit Krisensituationen auch langfristig zu verbessern, hat das Programm ebenfalls neue Fähigkeiten in den Bereichen Fischfang, Landwirtschaft und traditionelles Handwerk vermittelt. Frauen haben an Workshops über umweltfreundliche Produktionsweisen teilgenommen, zum Beispiel zur Herstellung wiederverwendbarer Binden und zur Produktion von Seife. Darüber hinaus gab es Bildungsangebote auf der Gemeindeebene, Rechtsberatungen und Workshops über Kinderschutz in Zusammenarbeit mit lokalen Personen in Leitungsfunktionen, Lehrkräften und Dolmetschern und Dolmetscherinnen, um zu gewährleisten, dass bei all diesen Aktionen die Meinungen der Betroffenen gehört und berücksichtigt wurden.

Sensibilisierungsveranstaltung in einer Schule. Foto: LWB Kolumbien-Venezuela

Dina Garcia, Bewohnerin der Gemeinde Winamorena. Foto: LWB Kolumbien-Venezuela

Ankunft in Winamorena. Die Gemeinde Warao im Delta Amacuro ist nur mit dem Boot erreichbar. Foto: Schwedische Kirche
Krisenresistenz stärken
Die Arbeit in Delta Amacuro habe beim Team einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, so Vanessa Andreina Dordelly Daza, LWB-Programmkoordinatorin in Venezuela.
„In dem Moment, wo Sie diese Gemeinschaften erreichen, stellen Sie fest, dass diese Menschen in einer Kultur leben, die eng mit dem Wasser und der Natur verbunden ist. Sie nennen sich selbst ‚Menschen des Wassers. ’ Der Reichtum ihrer Geschichte, ihre kulturellen Bräuche und ihre Widerstandskraft auch gegenüber schwierigsten Lebensumständen hinterlassen bei uns einen bleibenden Eindruck.“
Traditionelle Führungskräfte, Lehrkräfte und Dolmetscher und Dolmetscherinnen haben den Prozess begleitet und dem LWB-Team geholfen, durch diese unbekannten Gewässer zu navigieren. Die auf Rechten basierende Vorgehensweise, so fügt sie hinzu, habe hier für eine enge und respektvolle Zusammenarbeit mit den Warao geführt.
Das LWB-Team hat jetzt seine Erfahrungen und seine Methodik der Zusammenarbeit mit indigenen Gemeinschaften in einem Handbuch zusammengefasst, das auch anderen Organisationen zur Verfügung gestellt wird. „Die Weitergabe unserer Ergebnisse mit dieser kultur- und glaubenssensiblen Vorgehensweise, die den Gemeinschaften zu mehr Autarkie verhilft, kann für andere ein Vorbild sein, die in einem vergleichbaren Umfeld arbeiten“, sagt Carmen Garcia, die regionale Programmkoordinatorin des LWB für Lateinamerika.
„Unsere Erfahrungen in Delta Amacuro zeigen die Bedeutung einer die fremde Kultur respektierenden humanitären Hilfe, die lokale Führungsstrukturen, Sprache und Traditionen mit einbezieht. Dafür steht der LWB – für Inklusion und die Würde aller Menschen.“