Ein Kind in Busonga, Norduganda, bei der Zuckerrohrernte. Armut und Hunger zwingen Familien, ihre Kinder zur Arbeit zu schicken. Foto: LWB/S. Namatovu
LWB kämpft gegen dramatischen Anstieg von Kinderarbeit in Uganda
(LWI) - Zuckerrohr schneiden, statt Schreiben und Rechnen zu lernen: Armut führt dazu, dass die Kinder vieler Familien in Uganda arbeiten gehen müssen. In einem jüngst veröffentlichten Kurzdossier hat das Länderprogramm des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Uganda Statistiken über das Ausmaß von Kinderarbeit in der Region vorgelegt und auch über die Erfolge eigener Initiativen berichtet, mit denen versucht wird, den Kindern ihre Kindheit zurückzugeben.
In Uganda leben über 1,7 Millionen Geflüchtete, von denen mehr als die Hälfte Kinder sind. Für das Jahr 2024 hat der LWB 5.478 Fälle von Kinderarbeit in den Geflüchtetensiedlungen Adjumani, Lamwo und Kamwenge dokumentiert. In der Region Busoga haben 98 Prozent der Haushalte angegeben, dass die Kinder arbeiten gehen müssen. Laut einem Kurzdossier über Kinderarbeit in den Geflüchtetenlagern der Distrikte Lamwo, Adjumani und Busoga müssen Kinder hauptsächlich bei der Ernte von Zuckerrohr, in der Fischerei und bei anderen landwirtschaftlichen Arbeiten helfen.
Zuckerrohrernte statt Schule
„Kinderarbeit ist in Uganda nach wie vor weit verbreitet und nimmt tendenziell weiter zu“, berichtet Adriana Franco Chitanana, die Vertreterin des LWB in Uganda. Trotz strenger gesetzlicher und politischer Regelungen würden Millionen Kinder nach wie vor ausgebeutet.
In den betroffenen Familien sehen Eltern die Kinderarbeit als einzige Möglichkeit, über die Runden zu kommen. Die Kinder werden zum Sammeln von Feuerholz in die Wälder geschickt, müssen Holzkohle herstellen und in den Steinbrüchen arbeiten, und sie betteln auf den Straßen. Minderjährige Töchter werden verheiratet, weil den Eltern ein Brautgeld gezahlt wird. Die Kinder leiden körperlich und bleiben in ihrer Entwicklung zurück. „Wenn das Zuckerrohr geerntet werden muss, dürfen wir nicht mehr zur Schule gehen, weil wir die Rohre schneiden und wegtragen müssen“, erzählt ein Junge aus Luuka. „Die Pangas (die in der Landwirtschaft eingesetzten Macheten) führen oft zu Schnittverletzungen an unseren Händen.“ Ein Mädchen aus der Geflüchtetensiedlung Adjumani hat dem LWB-Team erklärt, wie ihre Arbeit in einer Ziegelei aussieht: „Wir holen Wasser, stampfen den Schlamm mit bloßen Füßen und müssen den ganzen Tag die schweren Ziegel tragen. Wir können wochenlang nicht zur Schule gehen.“
Wir holen Wasser, stampfen den Schlamm mit bloßen Füßen und müssen den ganzen Tag die schweren Ziegel tragen. Wir können wochenlang nicht zur Schule gehen.
Mädchen aus dem Geflüchtetenlager Adjumani in Norduganda
Darüber hinaus hat der LWB-Bericht in den Geflüchtetensiedlungen mehr als 700 von Kindern geführte Haushalte ermittelt. Wenn sich Kinder um ihre jüngeren Geschwister kümmern müssen, haben sie selbst keine Zeit mehr, um zu lernen oder zu spielen, denn sie müssen sich eine Arbeit suchen, um Geld zu verdienen und sich mit Nahrungsmitteln und Kleidung zu versorgen. Die Kürzung von Hilfsgeldern verschlimmert die Situation. Ugandas Ministerium für Gleichstellung, Arbeit und gesellschaftliche Entwicklung musste 2024 im Vergleich zu 2022 eine Kürzung des Etats für Kinderschutz um 80 Prozent hinnehmen. Für die Kinder in den Geflüchtetenlagern bedeutet das, dass sie keinen Zugang mehr zu kindersicheren Räumen, Schulessen oder zu psychosozialer Unterstützung haben.
Verteidigung von Kinderrechten
Das LWB-Programm in Uganda versucht seit vielen Jahren, diesem Trend entgegenzuwirken. Es hat in Schulen Clubs für Kinderrechte für 10.000 Schülerinnen und Schüler ins Leben gerufen und bereits 400.000 Personen mit juristischer Beratung, psychosozialer Unterstützung und Überweisungen zu weiterführenden Behandlungen geholfen. Es macht sich für unterschiedliche Modelle von Elternschaft stark und hat sich bei regionalen Verwaltungen dafür eingesetzt, dass diese den Kinderschutz ernstnehmen. Ein erster konkreter Erfolg war 2024, dass 921 Kinder in Busoga keine weitere Kinderarbeit leisten mussten. Der Distrikt Kamuli hat mit einem neuen Gesetz den Kinderschutz verbessert.
Kinder in einem Zuckerrohrfeld. Besonders in der Landwirtschaft ist Kinderarbeit weit verbreitet. Foto: LWB/S. Namatovu
Adriana Franco Chitanana, Vertreterin des LWB-Länderprogramms in Uganda, bei einer Podiumsdiskussion mit Delegierten der Regierung und der Zivilgesellschaft in Kampala. Foto: LWB/S. Namatovu
Das Leben dieser Kinder in Uganda zu verändern, erfordere Zeit und starke Partnerschaften auf verschiedenen Ebenen, erklärte die Vertreterin des LWB-Länderprogramms Chitanana. Das Programm fordere mehr Mittel für den Kinderschutz, strengeres Vorgehen gegen kriminelle Arbeitsvermittlungen und mehr soziale Unterstützung wie Schulmahlzeiten und Schulungen zur Ausbildung von praktischen Fertigkeiten. Die Mitarbeitenden des Programms rüsteten Eltern, Schulleitungen und die Ältesten in den Gemeinwesen zu, selbstbestimmt schädliche Praktiken zu ändern. Außerdem sei es an der Zeit, so fügt sie hinzu, die seit 2006 geltende Kinderschutzpolitik an die aktuellen Realitäten anzupassen und die Rechte jedes einzelnen Kindes zu wahren.
„Lassen Sie uns gemeinsam an einem ganzheitlichen Modell arbeiten, das die Grundursachen an der Wurzel packt und Kinderarbeit für immer verbannt“, forderte Chitanana während der Präsentation des Kurzdossiers zur Kinderarbeit. „Zusammen können wir dafür sorgen, dass jedes Kind sein Leben in Würde leben kann – frei, geschützt und voller Verheißungen.“