
Mitglieder der internationalen lutherisch-pfingstkirchlichen Dialogkommission stehen neben einer Statue von Luthers Frau Katharina von Bora auf dem Gelände der Universität Faculdades EST. Foto: Joefrerick Bin Ating
Neue Phase im lutherisch-pfingstkirchlichen Dialog zu Themen Gottesdienst und christliche Glaubenserziehung in Brasilien eröffnet
(LWI) – Aufrichtige Gespräche, kritische Fragen, gemeinsame Gottesdienste und aufmerksames Zuhören – damit beschäftigten sich lutherische und pfingstkirchliche Theologie-Fachleute aus aller Welt eine Woche lang in Brasilien zur offiziellen Eröffnung der zweiten Phase des lutherisch-pfingstkirchlichen Dialogs, die sich schwerpunktmäßig mit den Themen Gottesdienst und christliche Glaubenserziehung beschäftigen wird.
Gastgeberin dieses ersten Treffens in der zweiten Phase des Dialogs zwischen dem Lutherischen Weltbund (LWB) und der Weltgemeinschaft der Pfingstkirchen war die Faculdades EST in der südbrasilianischen Stadt São Leopoldo, das einzige lutherische und protestantische Seminar in ganz Lateinamerika. Im Rahmen des Treffens vom 21. bis 27. Februar fanden aber nicht nur wissenschaftliche Diskussionen statt, sondern auch Besuche in den Gotteshäusern der beiden Glaubensgemeinschaften und Treffen mit ortsansässigen Pfarrpersonen und Studierenden beider Glaubenstraditionen.
„Ein wichtiger Aspekt unseres Dialogs ist, die theologischen Diskussionen mit den Sorgen und ökumenischen Herausforderungen für die Ortsgemeinden in den Ländern, in denen wir tagen, zu verknüpfen“, erklärte Prof. Dr. Dirk Lange, der assistierende LWB-Generalsekretär für ökumenische Beziehungen. „Die Begegnungen in den Ortsgemeinden fließen direkt in unsere theologischen Reflexionen ein. Das Thema dieser zweiten Dialogphase will erkunden, wie lutherische Kirchen und Pfingstkirchen trotz der offensichtlichen Differenzen auf diesem Gebiet in ihrem jeweiligen Gottesdienstverständnis zusammenfinden können. Wie prägen unsere Gottesdienste, unsere Theologie und unsere Praktiken die Menschen in unseren Kirchen? Was können wir voneinander lernen und wie können wir unseren Gottesdienst auf lokaler Ebene besser verstehen und wertschätzen?“

Pfarrer Dr. Johannes Zeiler, lutherischer Ko-Vorsitzender der Dialogkommission. Foto: Axel Arkstål.
Wir sind uns der Spannungen und Rivalitäten zwischen unseren Glaubenstraditionen bewusst.
Pfarrer Dr. Johannes Zeiler, lutherischer Ko-Vorsitzender der Kommission
„Sowohl lutherische als auch pfingstkirchliche Gläubige praktizieren ihren Glauben hier in Brasilien und andernorts im Kontext zunehmend konservativer Tendenzen“, erklärte Pfr. Dr. Johannes Zeiler von der Schwedischen Kirche, der lutherische Ko-Vorsitzende der Kommission in dieser neuen Phase des Dialogs. „Wir sind uns der Spannungen und Rivalitäten zwischen unseren Glaubenstraditionen bewusst; das hat uns sehr deutlich gezeigt, dass wir zusammenkommen müssen, dass wir uns mit unseren verschiedenen Glaubenstraditionen auseinandersetzen und angesichts des wachsenden Fundamentalismus enger zusammenarbeiten und gemeinsame Nenner finden müssen.“
Zeiler, einer der Domherren der Kathedrale in Linköping im südlichen Schweden, freut sich über die große Diversität in der lutherischen und der pfingstkirchlichen Delegation. In beiden Delegationen gebe es neue Gesichter aus allen Weltregionen, darunter zwei Jugenddelegierte aus Äthiopien und Malaysia. „Die verschiedenen Biografien, Altersgruppen und Erfahrungsschätze der Delegierten erzeugen eine authentische Vielfalt, die die Arbeit in unseren Teams nur bereichern kann“, erklärte er.
Zeiler berichtete, dass die Autorenschaft des Berichts der ersten Dialogphase am Ende betone, wie wichtig „eine Gemeinschaft der Kirchen auf lokaler und regionaler Ebene“ sei, weil dies „vielfältige Möglichkeiten biete, unsere gemeinsamen theologischen Wurzeln, unsere verschiedenen Gottesdienstformen und unsere gemeinsame Berufung, das Licht der Welt zu sein, zu erkunden“.

Mitglieder der internationalen lutherisch-pfingstkirchlichen Dialogkommission nehmen an einem Ordinationsgottesdienst in der lutherischen Gemeinde in Porto Alegre, Bralisien. Foto: Joefrerick Bin Ating
In Brasilien haben die Mitglieder der Dialoggruppe zusammen mit lutherischen Gläubigen in der Hauptkirche in Porto Alegre einen Gottesdienst gefeiert, in dem sechs neue Pfarrpersonen und ein Missionar aus verschiedenen Landesteilen ordiniert wurden. „Brasilien ist ein riesiges Land und es ist großartig, das Zeugnis von Menschen aus verschiedenen Teilen dieses Landes zu hören. Das zeigt uns die Vielfalt unserer Glaubenstradition, aber vermitteln gleichzeitig ein Gefühl von Einheit, weil sie alle hier zusammengekommen sind, um sich ordinieren und dann wieder in die verschiedenen Landesteile entsenden zu lassen“, erzählt Zeiler.
Später am selben Tag nahm die Gruppe am Gottesdienst einer pfingstkirchlichen Gemeinde in São Leopoldo teil, wo sie von den Menschen, die gerne mehr über ihre Arbeit erfahren wollten, herzlich und mit offenen Armen empfangen wurde. „Es ist ein wunderbares Geschenk, sich damit beschäftigen zu dürfen, was es bedeutet, lutherisch oder pfingstkirchlich zu sein, und zu erkunden, wie sich das in unserer Musik, in unseren Stimmen, in unseren körperlichen Ausdrucksformen manifestiert“, sagte Zeiler.
Vertrauen aufbauen, um Voreingenommenheit zu überwinden
Die Gruppe greift in ihren Dialoggesprächen auch auf Methodologien und Erfahrungen von anderen christlichen Glaubenstraditionen wie dem Globalen Christlichen Forum, das im vergangenen Jahr in Ghana zu seinem vierten globalen Treffen zusammengekommen war, und der Römisch-katholischen Synode zu Synodalität, die im vergangenen Oktober in Rom stattgefunden hat, zurück. Zeiler erklärte: „Unsere akademischen Diskussionen werden immer gepaart mit persönlichen Reflexionen darüber, welche Orte, welche Menschen und welche Quellen das eigene Verständnis von dem jeweiligen Thema geprägt haben. Es ist sehr wichtig, über den eigenen persönlichen Glauben zu berichten und aufmerksam hinzuhören, was der Heilige Geist den Kirchen sagt, wenn man an einem globalen Dialog wie diesem beteiligt ist.“
Als Ko-Vorsitzender, so Zeiler, habe er „sehr hohe Erwartungen“ an die Arbeit dieser Dialoggruppe, die das nächste Mal im April 2026 in Jakarta, Indonesien, tagen wird. „Es ist eine sehr kreative Gruppe von Menschen, die viele Kompetenzen und Gaben mitbringen. Die können uns wiederum helfen, von den Ressourcen der jeweils anderen zu profitieren und eine gemeinsame theologische Sprache zu finden.“ Und abschließend sagte er: „Ich hoffe, dass wir Wissen austauschen und Vertrauen aufbauen können, um Voreingenommenheit zu überwinden, aber auch um Ortsgemeinden Instrumente an die Hand zu geben, die ihnen helfen, Beziehungen aufzubauen und Einheit in ihrem lokalen Kontext zu schaffen.“