LWB-Generalsekretärin Pfarrerin Dr. Anne Burghardt hält die Eröffnungsrede auf der Europäischen Kirchenleitungskonferenz in Riga, Lettland. Foto: LWB/A. Hillert
LWB-Generalsekretärin Burghardt spricht auf Europäischer Kirchenleitungskonferenz in Riga über Wurzeln des Glaubens
(LWI) – In unserer polarisierten Welt, in der Fundamentalismus, Rassismus und Populismus zunehmen, „bedeutet Hoffnung verkörpern, dass wir uns versöhnen und einander zuhören und dabei aber den Werten treu bleiben, für die wir stehen“.
Damit hat die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB) das anspruchsvolle Thema für die Konsultation gesetzt, die mit Kirchenleitenden aus den drei europäischen Regionen Westeuropa, Osteuropa und nordische Länder vom 6. bis 9. Oktober in der lettischen Hauptstart Riga stattfindet. Die Europäische Kirchenleitungskonferenz befasst sich vorrangig mit dem Thema „Hoffnung verkörpern, etwas bewegen“.
LWB-Generalsekretärin Pfarrerin Dr. Anne Burghardt hält die Eröffnungsrede auf der Europäischen Kirchenleitungskonferenz. Foto: LWB/A. Hillert
Die zwei LWB-Vizepräsidentinnen und der LWB-Vizepräsident für die drei europäischen LWB-Regionen sprechen den Schlusssegen im Abendmahlsgottesdienst in der Luther-Akademie in Riga, die die Europäische Kirchenleitungskonferenz ausgerichtet hat. Foto: LWB/A. Hillert
Diskussionsrunde von kirchlichen Führungspersonen, die an der Europäischen Kirchenleitungskonferenz in der Luther-Akademie in Riga teilgenommen haben. Foto: LWB/A. Hillert
In der Eröffnungssitzung hat die LWB-Generalsekretärin die Unterschiede zwischen einem sorglosen, oft illusorischen Zukunftsoptimismus und dem anhaltenden hoffnungsvollen Vertrauen auf das Wort Gottes skizziert, das ewig besteht. Diese fest verwurzelte Hoffnung, so erklärte sie, stehe im Zentrum der LWB-Strategie und gründe in der Inkarnationstheologie, als „das Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte“.
Auf der Suche nach Gerechtigkeit und respektvollen Beziehungen
In ihren Ausführungen zu dieser „Theologie der Inkarnation“ erklärte sie, dass diese immer kontextuell sei „und erkennt, wo das Evangelium kulturelle Praktiken in Frage stellen muss“ oder wo ungerechte Systeme anzuprangern sind, und dass eine Sprache gefunden werden müsse, die im lokalen Kontext verstanden werde. Die Theologie sei sowohl für Einzelpersonen als auch für die Gemeinschaft, erklärte sie, „denn niemand kann für sich allein Kirche sein, und wir können losgelöst von anderen Menschen nicht wirklich Mensch sein“. Die gesamte Schöpfung wird „unter Anerkennung unserer Verantwortung, die Erde und alles Leben auf ihr zu bewahren,“ einbezogen, sagte sie.
Die Theologie der Inkarnation, so Burghardt weiter, „spricht mit einer prophetischen Stimme“, die nicht vor dem Leid zurückweicht, sondern auf der Suche nach „Gerechtigkeit und respektvolle Beziehungen“ sei. Sie sei auch mitfühlend und in Gottes Gnade verwurzelt, fügte sie hinzu, und wies darauf hin, wie wichtig es sei, „das Leid unseres Nächsten als unser eigenes Leid“ zu verstehen. Sie warnte aber auch davor, dass diese Theologie der Inkarnation „nur glaubwürdig ist, wenn sie authentisch ist und gelebt wird, wenn auf Worte Taten folgen“.
In einer Welt, in der die Demokratie ausgehöhlt werde, die internationale Zusammenarbeit in Frage gestellt werde und Eigeninteressen und Protektionismus von populistischen Politikerinnen und Politikern als oberste Prioritäten in den Vordergrund gestellt würden, so Burghardt, müssten die Kirchen weiterhin inklusiv und einladend sein und offen für Vielfalt und für die Bedürfnisse anderer. „Das Zeugnis des LWB kann als ein Beispiel dafür dienen, wie man die eigene Identität wahrt und trotzdem seine Offenheit gegenüber anderen Menschen behält“, erklärte die Generalsekretärin.
Professorin Aivita Putnina von der Universität Lettlands spricht zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Europäischen Kirchenleitungskonferenz in der Luther-Akademie in Riga über die Verkörperung von Hoffnung. Foto: LWB/A. Hillert
Bischof Pavlo Shvarts von der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche der Ukraine spricht auf der Europäischen Kirchenleitungskonferenz über seinen Heimatkontext. Foto: LWB/A. Hillert
Pfarrerin Sarah Farrow von der Lutherischen Kirche in Großbritannien hält auf der Europäischen Kirchenleitungskonferenz eine Rede. Foto: LWB/A. Hillert
Die lettische Professorin Aivita Putnina stellt in ihren Ausführungen zum Thema Hoffnung aus anthropologischer Sicht fest, dass die Wissenschaft „erfolgreich demonstriert, in welch vielfältiger Weise sich Menschen eine [bessere] Welt vorstellen, es ihnen aber nicht gelingt, diese Vorstellungen und Unterschiede in die Praxis umzusetzen“. Auf Grundlage ihrer eigenen Forschungen über das Weltbild von Frauen in unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften untersuchte sie den Umgang mit dem Streben nach Gleichheit in der Gesellschaft und in den Kirchen.
Sie analysierte die Reaktion von Frauen auf Konfliktsituationen und kam zu dem Schluss, dass die Kirchen in der komplexen Welt von heute über Instrumente verfügten, um Gewalt zu beenden und Hoffnung zu machen, wenn sie „Zuhören, Empathie und Rücksichtnahme auf die Gefühle anderer“ vorlebe.
Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen europäischen Regionen berichteten in ihren Vorträgen über die Hoffnung, die in der Gemeinschaft zu finden ist und wenn Menschen zusammenkommen, um sich gemeinsam gegen Ungerechtigkeit zu wehren und mit vulnerablen Bevölkerungsgruppen zu solidarisieren. Pfarrerin Sarah Farrow, Universitätsseelsorgerin aus London, sprach über eine interreligiöse Solidarität angesichts zunehmender Hetze und Fremdenfeindlichkeit in Großbritannien.
Bischof Pavlo Shvarts von der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine sprach über die Hoffnung, die er dank Menschen verspüre, die seine Gemeinden inmitten des Krieges besuchten, „um zu beten, zu reden und Gemeinschaft zu erleben“. Pfarrerin Veronica Pålsson, eine junge Pastorin der Kirche von Schweden, erklärte, dass ihr Menschen, die „den Mut haben, zu ihren Überzeugungen zu stehen“ und sich für Gerechtigkeit und Gleichheit einzusetzen, trotz der vielen betrüblichen Entwicklungen in den heutigen Gesellschaften Hoffnung machten. „Wenn sie mit einer Krise konfrontiert sind, wenden sich die Menschen an die Kirche“, sagte sie, „und deshalb hoffe ich, dass wir für etwas anderes stehen als das, was die Politik und die sozialen Medien uns anzubieten haben – etwas, dem die Menschen vertrauen können.“