
Ein Vertrauensbeweis in das Potenzial der Schüler: Mitarbeitende des LWB mit Schülern auf einem Schulhof in Kakuma. Foto: LWB Kenia
Bargeldunterstützung für Schüler und Schülerinnen verhindern Schulabbruch
(LWI) – Für viele geflüchtete Kinder ist Bildung ein Rettungsanker und ihre einzige Chance auf eine bessere Zukunft. Inmitten wirtschaftlicher Probleme, familiärer Verpflichtungen und gesellschaftlicher Barrieren kann der regelmäßige Besuch einer Schule zu einer echten Herausforderung werden. Der Lutherische Weltbund (LWB) hat im Geflüchtetenlager Kakuma ein Programm ins Leben gerufen, damit Kinder weiter regelmäßig zur Schule gehen können. Das Programm sieht die direkte finanzielle Unterstützung der vulnerabelsten Schüler und Schülerinnen vor.
Oftmals sind es diese Kinder, die die größte familiäre Verantwortung tragen müssen und deren Bildung am stärksten gefährdet ist. Kinder, die die Rolle des Haushaltsvorstands übernehmen, sind oft verantwortlich für jüngere Geschwister, Teenager-Mütter oder unbegleitete Minderjährige, die keine Familie haben, die sie unterstützt. Sie sind am ehesten gefährdet, ihre Bildung zu opfern, um zu arbeiten und Geld zu verdienen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Vom Konflikt ins Klassenzimmer
Im Alter von 15 Jahren weiß Musa Cibahuna schon mehr über Verlust und Überleben als die meisten Erwachsenen. Nach seiner Flucht vor dem Krieg in der Demokratischen Republik Kongo und dem Verlust seines Vaters hat sich Musa allein auf den langen Weg in das Geflüchtetenlager Kakuma gemacht.
„Meine Mutter hatte von Kakuma gehört – ein Geflüchtetenlager, das sowohl Sicherheit als auch eine Chance für Schulbildung versprach. Um die Zukunft unserer Familie zu sichern, gab sie mir das wenige Geld, das sie hatte, und verabschiedete mich, als ich mich auf meinen einsamen Weg nach Kakuma machte und meine drei Geschwister zurückließ.“ Der Junge hat nichts mehr von seiner Familie gehört, nachdem er sich 2021 auf den Weg gemacht hatte.
In Kakuma angekommen, wurde Musa in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben und meldete sich an der Schule an. Die Schule wurde sein Zufluchtsort, aber der Unterricht in Kakuma, so erinnert er sich, hatte seine ganz eigenen Herausforderungen.

Musa lernt fleißig, um Arzt zu werden. Foto: LWB Kenia
Ich hatte keine Schuluniform, keine Bücher – nur meine Alltagskleidung. Ich fühlte mich anders. Aber ich machte weiter. Ich hatte meinem Vater versprochen, dass ich eines Tages Arzt werden würde.
Musa (15), Schüler
„Ich weiß noch, dass ich in meiner Alltagskleidung zur Schule ging, denn ich hatte keine Schuluniform. Ich fühlte mich wie ein Außenseiter, habe aber nie daran gedacht, aufzugeben. Mein Vater hatte nie die Chance, eine Schule zu besuchen, und bevor er starb, habe ich ihm versprochen, dass ich eines Tages Arzt werde und er stolz auf mich sein würde.“
Der LWB hat Musa mit einem Stipendium und einer Schuluniform, Schulheften und Schreibstiften ausgestattet Die Gelder werden von einem vertrauenswürdigen Mitglied des Vorstandes verwaltet, der Musa beim Kauf von Schulmaterial für den Unterricht unterstützt hat. Ausgestattet mit allen wichtigen Utensilien, kann Musa sich jetzt vollkommen aufs Lernen konzentrieren – und darauf, sich die Zukunft aufzubauen, auf die seine Familie hofft.
Minderjährige Mutter und Vorbild für Mädchen
Als Nyabany Kathara 16 Jahre alt war, änderte sich ihr Leben dramatisch, denn sie wurde schwanger. Als Geflüchtete aus dem Südsudan war sie die schwierigen Lebensumstände im Lager bereits gewohnt und kam zurecht. Die Schwangerschaft hätte ihren Schulbesuch schnell beenden können, stattdessen wurde sie zum Beginn eines neuen Lebenssinns.
„Mein Vater war zuerst wütend“, gibt Nyabany zu. „Aber dann sagte er: ‚Du hast einen Fehler gemacht, aber ich glaube trotzdem an deine Zukunft.‘ Das gab mir Kraft.“
Als junge Mutter gelingt ihr der Balanceakt, morgens zur Schule zu gehen und abends Speiseöl und Zucker zu verkaufen, um mit dem verdienten Geld die Milch für ihr Kind zu bezahlen. Wenn ihr Baby krank ist, bleibt sie zu Hause. Aufgeben kam für sie nie in Frage. Dank der Bargeldunterstützung war sie in der Lage, ihre Schuluniform sowie die wichtigsten Haushaltsbedarfsartikel zu kaufen. Das Leben ist so etwas leichter geworden, gleichzeitig ist sie entschlossener denn je, ihre Ziele zu erreichen.
Die Entscheidungen, die wir heute treffen, prägen nicht nur unsere Zukunft, sondern auch die Zukunft unserer Kinder.
Nyabany Kathara (16), Schülerin

Seit der Geburt ihres Kindes setzt sich Nyabany gegen Teenagerschwangerschaften ein. Sie arbeitet nach der Schule, um für ihr Baby zu sorgen. Foto: LWB Kenia
Ihre Erfahrungen gibt sie inzwischen an andere Betroffene weiter. „Ich spreche mit Mädchen über Frühschwangerschaften und warum es so wichtig ist, weiter zur Schule zu gehen. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, haben nicht nur Folgen für unsere Zukunft, sondern auch für die Zukunft unserer Kinder.“
Nyabany hat ihren Plan nicht aufgegeben, Ärztin zu werden. Sie träumt davon, eines Tages in den Südsudan zurückzukehren und etwas für ihr Gemeinwesen zu tun.
In Träume investieren
Die Gelder werden oft über mobile Zahldienste oder Mitglieder des Vorstands ausgezahlt, um sicherzustellen, dass sie direkt der Ausbildung der Schüler und Schülerinnen zugutekommen. 260 Schülerinnen und Schüler in 21 Schulen in Kakuma haben vom LWB im Jahre 2024 finanzielle Hilfen erhalten. Es ist ein bescheidener Betrag, aber er bietet die Chance auf große Veränderungen in ihrem Leben. Es geht um 21 Euro pro Schulhalbjahr für einzelne Schüler bzw. Schülerinnen und um 64 Euro für Teenager-Mütter.
Diese Beträge zeigen Wirkung besonders jetzt, da Bildungs- und Schutzprogramme in Kenia, die für Geflüchtetenkinder Stabilität und Hoffnung bedeuten, erheblich gekürzt werden. Hunderttausende Menschen seien direkt betroffen, so Girma Gudina, LWB-Länderrepräsentant in Kenia: „Der Ausstieg aus der Finanzierung von Bildungsprogrammen in den Geflüchtetenlagern in Kenia wird für die Kinder ernsthafte Konsequenzen haben. Ohne Unterstützung werden viele dazu gezwungen, Frühehen einzugehen, Kinderarbeit zu leisten oder auf gefährliche Strategien für ihr Überleben zurückzugreifen. In einigen Fällen kann es dazu kommen, dass Kinder ausgebeutet werden, Drogen nehmen oder von kriminellen Banden rekrutiert werden.“
„Viele Kinder werden die Schule auch verlassen müssen, um ihre Familien in ihrem Überlebenskampf zu unterstützen“, fügt er hinzu.
Für Kinder wie Musa und Nyabany geht es bei dem Schulbesuch im Rahmen dieses laufenden Projektes um mehr als nur finanzielle Unterstützung – es ist ein Vertrauensvorschuss auf ihr Potenzial und eine Bestätigung, dass ihre Träume diese Investitionen wert sind.
Das Programm Unterstützung durch Bargeldauszahlungen (CBI = Cash-Based Intervention), mit dem den vulnerabelsten Schülern und Schülerinnen im Geflüchtetenlager Kakuma finanziell geholfen wird, hat die Unterstützung der Generaldirektion der Europäischen Kommission für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (ECHO).
Die Arbeit des LWB in den Bereichen Bildung und Schutz von Geflüchteten in Kenia muss erhebliche Mittelkürzungen bewältigen. Bitte unterstützen sie die Zukunft eines geflüchteten Kindes und spenden Sie!