
Teilnehmende der Globalen Missionskonsultation in Taiwan. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano
Konsultation in Taiwan bringt Verantwortliche aus Theologie, Kirche und Missionswerken im Umfeld der LWB-Gemeinschaft zusammen
(LWI) – Gemeinsame Werte, vielfältige Stimmen: Kirchliche Führungspersönlichkeiten und theologische Fachleute kamen jüngst mit Verantwortlichen der großen Missionswerke zu einer Globalen Missionskonsultation am Chinese Lutheran Seminary in Hsinchu, Taiwan, zusammen. Teilnehmende aus allen sieben Regionen des Lutherischen Weltbundes (LWB) berieten sich vom 17. bis 21. Mai darüber, wie die Theologie und Praxis der Mission für das 21. Jahrhundert erneuert werden können.
Dr. Joseph Prabhakar Dayam, Pfarrer der Andhra Evangelical Lutheran Church und Professor am Gurukul Lutheran Theological College in Chennai, betonte, dass aus asiatischer Perspektive einer der bedeutendsten Impulse der Konsultation sei, die Vielfalt der Kontexte anzuerkennen und ernst zu nehmen. „Es war wichtig zu hören, dass jede Theologie kontextuell ist – das von der LWB-Generalsekretärin zu hören, machte deutlich, dass die Betonung des Kontexts Veränderung möglich macht: weg vom Eurozentrismus und hin zur Anerkennung einer Vielzahl lutherischer Identitäten. Ich halte das für einen vielversprechenden neuen Weg für die Zukunft des LWB,“ erklärte er.
„Mission im heutigen Kontext ist polyzentrisch: sie geht von allen Orten zu allen Orten. Deshalb war es so wichtig, dass Stimmen aus allen Teilen der Gemeinschaft zu hören waren,“ sagte Pfarrerin Dr. Christine Keim von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, die dem Steuerungsgremium der Konsultation vorstand. „Eine junge Delegierte ließ uns in verschiedenen Tonhöhen summen, erst einzeln, dann gemeinsam. Die unterschiedlichen Töne verbanden sich zu einem wunderschönen Lied. Das war ein starkes Symbol für ein Ergebnis dieser Tagung: die Einsicht, dass wir als Kirchen zwar gemeinsame Werte teilen, die Stimmen und Bedürfnisse in meinem Land jedoch ganz andere sein können als in anderen Teilen der Welt.“
Das polyzentrische Missionsmodell habe die traditionellen Beziehungen zwischen „sendenden und empfangenden Kirchen“ grundlegend verändert, erklärte Keim. Es eröffne Raum für „Stimmen von den Rändern, die unser Verständnis von Mission neu prägen“. In den thematisch breit angelegten Diskussionen wurde der Umgang mit zentralen Herausforderungen erörtert, darunter das „Wohlstandsevangelium“ in Afrika, Migration, Geschlechterungerechtigkeit und Machtmissbrauch, Säkularisierung, Militarisierung und die Klimakrise. Auch die Beteiligung junger Leute und die Bedeutung theologischer Bildung für den interreligiösen und interkulturellen Dialog wurden als wesentliche Themen genannt.
Eine Mission, die in der Theologie des Kreuzes gründet
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Konsultation war für Dayam die Erkenntnis, „dass Mission in der Theologie des Kreuzes gründen muss“. Als Koordinator eines ökumenischen Forschungsnetzwerkes der Dalit-Gemeinschaft erklärte er, dass die Theologie des Kreuzes in Indien „eine Mission von den Rändern her bedeutet, eine Dalit-Missiologie, die Gottes Gegenwart und Wirken an den verwundeten Orten dieser Welt erkennt.“ Die Konsultation habe ein „erneuertes Interesse an der Mission“ geweckt. Nicht nur in den Missionswerken, sondern auch in den Mitgliedskirchen sei ein tiefes, leidenschaftliches Anliegen spürbar, sich zu engagieren und Hoffnung in den eigenen Gemeinschaften zu verkörpern.

Pfarrer Dr. Joseph P. Dayam von der Evangelisch-Lutherische Kirche Andhra spricht auf der Taiwan-Konsultation. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano

Die Teilnehmenden der Globalen Missionskonsultation tauschen Perspektiven aus ihren unterschiedlichen Kontexten aus. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano

Pfarrer Rodny Said von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land spricht auf der Taiwan-Konsultation. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano
Zugleich wünscht sich Dayam künftig weitere Gespräche über religiöse Pluralität und „das neue Phänomen multipler Religionszugehörigkeiten,“ das unter jungen Menschen – besonders in interreligiösen Familien – zunehmend verbreitet sei. „Wie verstehen wir Mission in diesen neuen Kontexten?“ fragte er. Auch Keim betonte: „Mission bedeutet nicht mehr, in ferne Länder zu reisen. Es geht darum, die gute Nachricht in der eigenen Familie, Kirche, Gesellschaft, kurz: im eigenen Kontext weiterzugeben. Wir müssen begreifen, dass wir die anderen brauchen, um selbst verändert zu werden.“
Mit Blick auf die Situation in Asien, wo christliche Gläubige in vielen Ländern eine kleine Minderheit darstellen, sagte Dayam, die Kirchen seien dazu aufgerufen, „missional zu wirken, das heißt, weniger untereinander zu reden und vielmehr unsere öffentliche, prophetische Stimme zu erheben“. Evangelisation bedeute für ihn, „das Kommen Gottes in Jesus Christus zu verkündigen, verbunden mit einer Vision von Gerechtigkeit, Liebe und Frieden, […] die den gebrochenen Menschen gilt und die Mächtigen zur Verantwortung und Umkehr aufruft.“
Als einer der Mitorganisatoren der Konsultation betonte Pfarrer Dr. Sivin Kit, LWB-Direktor für Theologie, Mission und Gerechtigkeit, die Tagung habe „tiefe und fruchtbare Diskussionen und gegenseitiges Lernen“ ermöglicht, und zwar „über Grenzen von Generationen, Nationalität und Herkunft hinweg.“ Ziel des globalen Treffens sei es gewesen, im Anschluss regionale Dialoge mit Kirchen und Missionswerken anzustoßen, um theologische und strategische Überlegungen zum christlichen Zeugnis lokal und global zu vertiefen. Kit betonte: „Als Weltgemeinschaft wollen wir aus diesen vielfältigen Kontexten Erkenntnis und Inspiration schöpfen, um Heilung in unsere verwundete Welt zu bringen und unser gemeinsames Verständnis davon zu erneuern, was es heißt, sich an einer ganzheitlichen Mission zu beteiligen, die von einer christozentrischen Theologie geprägt ist und vom Heiligen Geist in ihrem Zeugnis gestärkt wird – eine Mission, die Hoffnung in der heutigen Zeit verkörpert.“