Burghardt: Solidarität und Hoffnung in Krisenzeiten

Bericht der Generalsekretärin auf der Ratstagung zeigt auf, wie lutherische Kirchen Solidarität und Hoffnung verkörpern und „den Wandel, den wir sehen wollen“ bezeugen können. 

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LWF General Secretary Rev. Dr Anne Burghardt delivers her report to the LWF Council in Addis Ababa. Photo: LWF/ Albin Hillert

LWB-Generalsekretärin Pfn. Dr. Anne Burghardt präsentiert ihren Bericht bei der LWB-Ratstagung in Addis Ababa. Foto: LWB/ Albin Hillert

LWB-Generalsekretärin berichtet auf Ratstagung über die Arbeit der Kirchen für den „Wandel, den wir sehen wollen“ 

(LWI) – In Zeiten globaler Krisen Solidarität und Hoffnung verkörpern: In ihrem umfassenden Bericht an den Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB) anlässlich seiner Tagung in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gab LWB-Generalsekretärin Pfarrerin Dr. Anne Burghardt einen Überblick über die aktuellen Herausforderungen der Weltgemeinschaft. Zugleich stellte sie vielfältige Ansätze vor, mit denen lutherische Kirchen und Länderprogramme daran arbeiten, der „Wandel zu werden, den wir sehen wollen.“ 

Angesichts eskalierender Gewalt und Konflikte, der Erosion globaler Zusammenarbeit, erstarkender extremistischer Strömungen, schwindender humanitärer Hilfen, systemischer Ungleichheiten und der Klimakrise betonte Burghardt, dass die Kirchen mit ihrer Arbeit und ihrem Zeugnis „eine andere Geschichte erzählen: eine Geschichte, in der Empathielosigkeit durch Gnade überwunden wird, Nächstenliebe Grenzen überschreitet und Hoffnung aus scheinbar hoffnungslos zerstörten Orten erwächst.“ 

Nachhaltiger Wandel kann dann gelingen, wenn wir gleichzeitig gegen das unmittelbare Leid und die systemischen Ursachen vorgehen.

LWB-Generalsekretärin Pfn. Dr. Anne Burghardt

Burghardt erklärte, dass die Arbeit des LWB auf einer einfachen, aber tiefgreifenden Erkenntnis beruhe: „Nachhaltiger Wandel kann dann gelingen, wenn wir gleichzeitig gegen das unmittelbare Leid und die systemischen Ursachen vorgehen.“ Dieser integrierte Ansatz aus theologischer Reflexion, kirchlicher Arbeit, Diakonie und Advocacy entfalte eine Wirkung, „die weit über unseren unmittelbaren Einflussbereich hinaus ihre Kreise zieht.“  

Die Generalsekretärin stellte vier strategische Prioritäten vor, an denen sich die Arbeit des LWB ausrichtet, die er im Namen seiner 150 Mitgliedskirchen und Länderprogramme in den Bereichen der humanitären Unterstützung und Entwicklungshilfe in 24 Ländern weltweit leistet. Als erste dieser Prioritäten nannte sie eine „Theologie der Verantwortung“, da die theologische Reflexion die Grundlage aller Aktivitäten des LWB sei. In einer von Zerrissenheit, Ausgrenzung und Angst geprägten Welt müsse Theologie „eine lebendige, kontextuelle und befreiende Kraft“ sein.  

Burghardt verwies insbesondere auf zwei Studienprozesse, die von der letzten Vollversammlung in Krakau/Polen 2023 angestoßen worden waren: eine Arbeitsgruppe zum Thema „Theologie des Kreuzes im 21. Jahrhundert“, die ihre Arbeit bereits aufgenommen hat, und eine zweite noch zu bildende Arbeitsgruppe, die sich später im Jahr mit dem 500. Jubiläum des Augsburger Bekenntnisses im Jahr 2030 befassen wird.  

Ganzheitliche Mission, öffentliche Stimme, ökumenisches Engagement  

Im Hinblick auf den Schwerpunkt der ganzheitlichen Mission sprach Burghardt über die kürzlich in Taiwan abgehaltene Globale Missionskonsultation sowie die Wiederbesetzung der LWB-Koordinationsstelle für Liturgiewissenschaft. Der LWB arbeite außerdem an der Stärkung der theologischen Grundlagen der Diakonie durch regionale Workshops und den Austausch bewährter Verfahren.  

Hinsichtlich der öffentlichen Rolle der Kirchen ging sie besonders auf Themen wie Gender- und Klimagerechtigkeit ein. Sie betonte, dass das Advocacy-Engagement des LWB „tief verwurzelt in der Theologie der Verantwortung“ sei.  

Theologische Bildung bleibe ein immens wichtiges Thema, bemerkte Burghardt mit Verweis auf Stipendien, Netzwerke und Initiativen wie die Hélène-Ralivao-Stiftung, deren Bildungsprogramm für Theologie, Gendergerechtigkeit und Führungskompetenzen im vergangenen Jahr von Afrika auf Asien ausgeweitet wurde.  

Burghardt ging auch auf das ökumenische Engagement des LWB ein. Insbesondere erwähnte sie die sechste Phase des lutherisch-katholischen Dialogs, die im kommenden Februar beginnen wird. Der LWB sei sowohl bei der Trauerfeier von Papst Franziskus als auch bei der Amtseinführung von Papst Leo XVI vertreten gewesen. Die Predigt der Messe bei der Einsetzungsfeier sei mit ihrer Betonung der Gnade „sehr ‚lutherisch‘“ gewesen, merkte Burghardt an. Sie berichtete auch von aktuellen Entwicklungen in den ökumenischen Dialogen mit der Orthodoxen Kirche, der Anglikanischen Gemeinschaft, den Pfingstgemeinden und den Reformierten Kirchen, die alle von wachsendem theologischen Verständnis geprägt seien, ebenso wie von praktischer Zusammenarbeit und gemeinsamem Zeugnis.  

Gedeihende Kirchen in einer wachsenden Gemeinschaft  

Als zweite Priorität nannte Burghardt die Förderung gedeihender Kirchen, wobei Erfolg nicht an Mitgliederzahlen gemessen werde, sondern an der „Fähigkeit, das Evangelium voller Mitgefühl und Mut zu bezeugen.“ Bei Besuchen in Kenia, Slowenien und Japan habe sie überall „ein Bedürfnis nach Verbindung“ gespürt. Gerade für kleine Kirchen sei es wichtig, Teil einer größeren weltweiten Familie zu sein.  

Dem Rat werden Vorschläge zur Vollmitgliedschaft zweier Kirchen vorgelegt, die ihre zweijährige Interimszeit abgeschlossen haben: die Lutherische Kirche in Kambodscha und die Geraja Niha Keriso Protestant Church in Indonesien. Auch zwei Kirchen in Indien, die bislang formell zur Evangelisch-Lutherischen Kirche der Himalaya-Staaten gehörten, sollen als eigenständige Mitgliedskirchen aufgenommen werden. Darüber hinaus liegt ein neuer Antrag der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Gambia vor.  

Die Generalsekretärin stellte verschiedene Programme zur Förderung guter Leitung vor, darunter das jährliche Retreat für neu gewählte Kirchenleitende, Seminare zur Förderung der Führungskompetenz von Laiinnen und Laien, neue Formate für Generalsekretärinnen und -sekretäre sowie ein Programm für Stipendiatinnen und Stipendiaten. Alle diese Programme seien auf die Förderung ganzheitlicher Führungskompetenzen und guter Leitung ausgerichtet. Sie verwies zudem auf Fortschritte bei der Entwicklung einer Richtlinie zu Generationengerechtigkeit sowie auf „Global Faith Unfiltered“ – eine Online-Reihe junger Theologinnen und Theologen, die dem Anliegen dient, jungen und führungsstarken Stimmen Gehör zu verschaffen.  

Gerechtigkeit und Frieden, Dienst und Würde  

Zur dritten Priorität, der Advocacy-Arbeit für Gerechtigkeit und Frieden, skizzierte Burghardt einige der zentralen Initiativen des LWB im vergangenen Jahr, beginnend mit ihrer eigenen Teilnahme am UN-Zukunftsgipfel in New York im vergangenen September und einem Treffen des ökumenischen Netzwerks im März in Genf für eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur (NIFEA). Während der Ratstagung werde der neue „Advocacy-Rahmen“ des LWB mit den folgenden Schwerpunkten vorgestellt: Schutz der Menschenrechte, Förderung der Gendergerechtigkeit, Maßnahmen gegen die Klimakrise, Engagement in der Friedensarbeit (einschließlich einer neuen Arbeitsgruppe zu Frieden und Versöhnung in Zeiten von Krieg und Konflikten), Engagement für humanitäre Advocacy-Arbeit sowie die Stärkung der prophetischen Stimme der Kirche.  

Als vierte strategische Priorität für die Arbeit des LWB nannte Burghardt den Schwerpunkt „Dienst und Würde“. Dieser Grundsatz präge sowohl das diakonische Engagement der Mitgliedskirchen als auch die Länderprogramme und Nothilfe des LWB-Weltdienstes. Im Jahr 2024 hätten die Programme des Weltdienstes mehr als 2,5 Millionen Menschen erreicht – darunter Geflüchtete, Binnenvertriebene, Rückkehrende sowie Angehörige der aufnehmenden Gemeinschaften.  

Die LWB-Leiterin hob die Nothilfe für besonders vulnerable Gemeinschaften hervor, die von den Mitgliedskirchen über den Solidaritätsfonds geleistet werde, sowie die humanitäre Arbeit des Weltdienstes in verschiedenen Ländern, etwa für mehr als 230.000 vom Sudan-Konflikt betroffene Menschen in Nachbarstaaten. Mit Blick auf die Bereitstellung hochwertiger Dienstleistungen verwies sie auf das Augusta-Victoria-Krankenhaus in Jerusalem, das kürzlich eine neue Klinik in Ramallah eröffnet habe, um dem Problem der Reisebeschränkungen für die palästinensische Bevölkerung zu begegnen. Als weitere Beispiele nannte sie Bildungsangebote des LWB für gefährdete und vertriebene Jugendliche und junge Erwachsene in Kenia, Schulunterricht in unterirdischen Schutzräumen in Charkiw/Ukraine sowie Hilfsprogramme für indigene Gemeinschaften, etwa in Venezuela, wo der LWB isolierte und von extremer Armut betroffene Warao-Gemeinschaften durch Mahlzeiten und Qualifizierungsangebote unterstützt. 

Abschließend sprach die Generalsekretärin über die Bemühungen des LWB, unter finanziell und politisch schwierigen Rahmenbedingungen effizient und nachhaltig zu arbeiten. Sie erwähnte Initiativen zur Diversifizierung der Mittelbeschaffung und zur Gewinnung neuer Partnerschaften. Zugleich betonte sie die Bedeutung der Mitgliedsbeiträge als Ausdruck gemeinsamer Verantwortung der Kirchen für die Arbeit des LWB. Sie hob die wichtige Rolle der Kommunikation hervor, insbesondere durch eine wachsende digitale Präsenz, um ein Bewusstsein für die Arbeit in der Gemeinschaft zu schaffen. 

Burghardt beendete ihren Bericht mit einem „Aufruf zum Handeln“ an die Ratsmitglieder, diese Prioritäten zu unterstützen, insbesondere durch Mitgliedsbeiträge zur Sicherung langfristiger Tragfähigkeit, durch Förderung theologischer Bildung und Weitergabe der theologischen Materialien des LWB zur Bekämpfung irreführender Theologien, durch die Stärkung von Advocacy-Initiativen und durch konkrete Bemühungen, die Arbeit des LWB in ihren eigenen Ländern und Mitgliedskirchen sichtbarer zu machen. 

Die LWB-Ratstagung 2025 steht unter dem Leitwort „Seid meine Zeugen“ (Apg 1, 8) und findet vom 11. bis 16. Juni in Addis Abeba (Äthiopien) statt. 

LWB/P. Hitchen
Program:
Land:
Äthiopien
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