
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickeln Ideen und identifizieren Herausforderungen für die zukünftige Missionsarbeit im regionalen und globalen Kontext. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano
LWB-Generalsekretärin über sechs Merkmale einer „von Hoffnung getragenen inkarnierten Theologie“, um die ganzheitliche Mission der Kirche zu erneuern
(LWI) – Als missionale Kirche Hoffnung zu verkörpern „ist unsere in treuer Erfüllung unseres Glaubens gegebene Antwort auf den in Jesus Christus offenbarten Gott der Hoffnung“. Das war die Botschaft von Pfarrerin Dr. Anne Burghardt, der Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), an die Teilnehmenden der globalen Missionskonferenz, die vom 17. bis 21. Mai in Taipeh stattgefunden hat.
An der Tagung, die unter der Überschrift „Embodying Hope: Renewing Mission in a Wounded World“ (Hoffnung verkörpern: Mission erneuern in einer verwundeten Welt) stand, haben Vertreterinnen und Vertreter von LWB-Mitgliedskirchen und wichtigen Missionspartnern teilgenommen und sich mit der Theologie und der praktischen Umsetzung einer ganzheitlichen Mission im 21. Jahrhundert beschäftigt. Burghardt hielt einen Vortrag darüber, was es heißt, „in einem komplexen und schwierigen globalen Kontext an Gottes Mission“ teilzuhaben.
Die Konsultation, die von den lutherischen Kirchen in Taiwan ausgerichtet wurde, war der Auftakt eines Prozess in der weltweiten LWB-Gemeinschaft zur Unterstützung von Mitgliedskirchen und Partnern im Umgang mit Herausforderungen im Bereich Mission in ihrem jeweiligen Kontext. Sie fand am China Lutheran Seminary statt und hatte zum Ziel, auf dem wegweisenden LWB-Dokument „Mission im Kontext: Verwandlung, Versöhnung, Bevollmächtigung“ aufzubauen, das 2004 im englischen Original und 2005 in deutscher Übersetzung veröffentlicht wurde.
Von Liebe und Barmherzigkeit geprägtes und befreiendes Wort Gottes verkündigen
Burghardt sprach in ihrem Impulsvortrag über die Auswirkungen einer Missionstheologie, die Gottes Menschwerdung ernst nimmt. Sie erinnerte daran, dass die ersten Jüngerinnen und Jünger, als sie dem auferstandenen Herrn begegneten, verwandelt wurden und zugerüstet wurden, in die Welt hinauszugehen und die frohe Botschaft zu verkündigen, die ihrer Erfahrung nach „Liebe und Anteilnahme vermittelt und befreit“.
Die LWB-Generalsekretärin sprach über „sechs zentrale Merkmale einer von Hoffnung getragenen inkarnierten Theologie“, die eine solide Grundlage sein kann für die Teilhabe an Gottes Mission und unsere Antwort auf den Aufruf, „uns mit Weitsicht ein Urteil zu bilden, mit Mut zu handeln und nie die Hoffnung aufzugeben“. Eine solche Theologie müsse immer damit beginnen, „den Kontext zu verstehen, in dem sie gelebt wird“, erklärte sie, müsse erkennen, wo das Evangelium Systeme und Praktiken anfechten muss, und wie es in einer Sprache kommuniziert werden könne, die für die Menschen klar und einfach verständlich ist.

Pfarrer Dr. Chandran Paul Martin von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika – Global Mission moderiert eine Diskussion über theologische und missiologische Reflexionen zur Bedeutung von „Mission“. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano

Jugendliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer bringen während der Konsultation ihre Sichtweise ein, was sie für die Zukunft von der Missionsarbeit im regionalen und globalen Kontext erwarten. Foto: LWB/Johanan Celine Valeriano
Zweitens müsse eine von Hoffnung getragene inkarnierte Theologie sowohl den Einzelnen als auch die Gemeinschaft ansprechen, „denn niemand kann allein Kirche sein und wir können losgelöst von anderen Menschen nicht wirklich Mensch sein“, so Burghardt. Die lutherische Glaubenstradition, erklärte sie, biete „einen Ansatz, den wir als gemeinschaftlichen Individualismus bezeichnen können“. Dies bedeute nicht, dass wir uns nach innen wenden, sondern dass wir „den Blick des oder der Einzelnen immer auf Christus und unsere Nächsten wenden“.
Drittens, so Burghardt, spreche diese von Hoffnung und Verantwortung geprägte Theologie „mit einer prophetischen Stimme“ und „schreckt nicht davor zurück, Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch anzuprangern“. Die prophetische Stimme, betonte sie, „muss sowohl nach innen als auch nach außen gerichtet sein“, damit Kirchen und Missionswerke „einen neuen Ansatz für Führungswirken, Zusammenarbeit und Partnerschaften ersinnen können, der Gottes Mission voranbringt und nicht ihre eigenen Interessen, Ängste oder Agenden“.
Prophetische Stimmen sind dann am effektivsten, wenn sie Hand in Hand gehen mit Barmherzigkeit und Demut.
Pfarrerin Dr. Anne Burghardt, LWB-Generalsekretärin

LWB-Generalsekretärin, Pfarrerin Dr. Anne Burghardt. Foto: LWB/S. Gallay
Viertens, erklärte die LWB-Generalsekretärin, sei „eine von Hoffnung getragene inkarnierte Theologie“ in einer Welt, die von der Leistungsgesellschaft und Egozentrik bestimmt ist, „barmherzig und verankert in der Gnade und Güte Gottes“. Prophetische Stimmen seien immer dann am effektivsten, wenn sie Hand in Hand gingen mit Barmherzigkeit und Demut, sagte sie und unterstrich, „der Aufruf zu Barmherzigkeit muss ein zentrales Element unserer Advocacyarbeit sein“.
Eine Theologie der Hoffnung berücksichtige zudem „die gesamte Schöpfung“, betonte Burghardt, und würdige die „radikalen Folgen der von Gott selbst herbeigeführten Menschwerdung Gottes“ und „unsere Verantwortung und Pflicht, die Erde und alle lebendigen Geschöpfe zu bewahren“. In Bezug auf die Beiträge von katholischen und orthodoxen Kirchenleitenden zur Entwicklung einer Öko-Theologie sagte sie, die Bewahrung der Schöpfung und „der Aufruf, behutsam auf dieser Erde zu wandeln,“ sollte in konkrete Maßnahmen im Rahmen einer ganzheitlichen Mission übersetzt werden.
Schließlich skizzierte Burghardt, wie eine solche Theologie Antworten geben kann in einer Welt, die von sich rasant entwickelnden Technologien einschließlich künstlicher Intelligenz mit einer Herausforderung konfrontiert werde. Genau wie Luther seinerzeit neue Technologien nutzte, um das Evangelium zu verkündigen, und gleichzeitig die Gefahren eines Missbrauchs nicht aus den Augen verlor, müssten auch moderne Kommunikationstechnologien die Missionsbemühungen unterstützen und einen größeren Wirkungskreis ermöglichen und neue Räume für Engagement schaffen. Gleichzeitig, so Burghardt, könne künstliche Intelligenz niemals „ersetzen, dass den Menschen durch die persönliche Zusammenkunft in einer christlichen Gemeinschaft Kraft gegeben wird“, und deshalb müssen Kirchen verantwortungsbewusst und kreativ überlegen, wie sie die Technologien „nicht zum eigenen Profit, sondern für das Wohlergehen der Menschen, denen wir dienen, nutzen können“.